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gräbern versharrt zu werden. Ein 65-Jähriger mit blitzenden Augen und drahtigen
kurzen Haaren, der neben den beiden Wahleuten hinter ihm vershwindend klein
wirkt. Mit hohgezogenen Augenbrauen lausht er der Diskussion, die Hände auf
einem blassgelben Aktenordner gefaltet, den er an jedem Prozesstag mitbringt.
Jeder Gerihtstag im Fall 001 beginnt mit dem gleihen Ritual. Duh betrit den
Raum in Begleitung der Wahleute, er legt den Aktenordner auf den Tish an
seinem Sitzplatz, dann grüßt er die Rihter, die Staatsanwälte und die Nebenkläger
mit einem sampeah, mit aneinandergelegten Händen und einer leihten Verbeu-
gung. Eine unterwürige Geste, die mih verwirrt, da ih niht einshätzen kann, ob
er sie aus Reue oder Berehnung vorführt.
Diese Verbeugung maht mih wütend, Duh will mih um mein Feindbild betrü-
gen.
Duh - seinen Namen verbindet man mit den Verbrehen der Khmer Rouge wie
den Namen Adolf Eihmanns mit den Gräueln der Nazis. Die Opfer in seinem Ge-
fängnis wurden von den Wahen als lebende Tote angesehen - eine Entlassung war
niht vorgesehen. Sie wurden fotograiert und bis auf die Unterwäshe ausgezogen.
Mussten in langen Reihen mit Eisenfesseln an den Füßen auf dem blanken Boden
liegen, ot über Monate. Regelmäßig wurden sie von den Wahen zu Befragungen
aus dem Raum geholt und gefoltert, meist mit Elektroshoks und Shlägen. Zwek
dieser ualen war es, Geständnisse aus den Opfern zu pressen. Wenn Duh und
seine Vorgesetzten mit den erlangten Informationen zufrieden waren, ließen sie die
Gefangenen ohne Ausnahme umbringen.
Ih besuhe die Gerihtsverhandlungen, da ih hofe, dass Duh auh meine Fra-
gen beantworten kann. Fragen, die das Shweigen meiner deutshen Großväter
aufgeworfen hat. Mih beshleiht ot das Gefühl, dass die Geshihte aufbereitet
wird, dass sie ihrer widersprühlihen und verwirrenden Wahrheiten beraubt und zu
leiht verdaulihen Klishees von Tätern und Opfern verdünnt worden ist. So, wie in
S-21 heute Parkbänke und westlihe Porzellantoileten für die Touristen aufgestellt
werden. So, wie der Souvenirladen in dem Haus funktioniert, in dem einst die Opfer
bei der Einlieferung fotograiert wurden: Man maht sih die Geshihte shmak-
hat.
Der Rihter fordert Duh auf, Aussehen und Lage seines ersten Vernihtungsla-
gers zu beshreiben. Duh bedankt sih hölih, dass man ihm die Gelegenheit bietet,
zu sprehen, und bitet, zunähst von der Zeit erzählen zu dürfen, bevor er sih den
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