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Brüken, 27 Tunnel und 158 Stationen repariert und die Zugverbindung von Ho-
Chi-Minh-Stadt nah Hanoi am 31. Dezember 1976 in Betrieb genommen - jetzt
unter dem Namen neuen Namen: »Wiedervereinigungs-Express«.
Wiedervereinigung, dieses große Wort, das für Vietnamesen eine ganz andere
Bedeutung hat als für uns Deutshe. Für uns bedeutet es die freiwillige Vereinigung
zweier Länder, ein Fest. Für die Vietnamesen war es eine Vereinigung unter Wafen.
Es wurde ein Prozess in Gang gesetzt, der einen großen Teil der Bevölkerung ent-
fremdete: Die Währungsreform von 1975 beraubte Familien ihres Reihtums, Besitz
wurde enteignet. Anstat das Leid der Familien zu mildern, deren Männer in Südvi-
etnam zum Dienst in der Armee gezwungen wurden, wurden sie zu Verrätern
erklärt und in Umerziehungslager gestekt. Tausende wurden in die Fluht als Boat-
people getrieben. Lebhat erinnern sih ältere Einwohner des früheren Saigon an die
nordvietnamesishen Soldaten, die Fahrräder beshlagnahmten - damals der Inbe-
grif von Wohlstand. Und dann ließen die Soldaten shnell Motorroller und Farb-
fernseher folgen. Wie einig ist das Land heute, mehr als dreißig Jahre nah der
Wiedervereinigung?
Ho-Chi-Minh-Stadt gleitet am Fenster vorbei. Immer wieder das gleihe Bild:
Bahnübergänge, deren Signale shrillen wie rostige Weker. Hinter den Shranken
warten Motorroller mit laufenden Motoren, von den Fahrern erkennt man nur die
Augen zwishen Helm und Mundshutz. Ein Wärter in blauer Uniform und Shirm-
mütze, der die Shranke für jeden kommenden Zug per Hand über die Straße
shiebt. Der Zug drükt sih durh enge Gassen und an Hauswänden entlang, die
Fahrgäste bliken in Wohnzimmer, sehen Familien beim Essen und Männer beim
Kartenspielen. Dann öfnet sih die Stadt, die endlosen Baumreihen der Gummi-
plantagen bestimmen das Bild.
Ho-Chi-Minh-Stadt - diesen Namen indet man auf Flugtikets und
Straßenshildern, aber kaum jemand nennt die Stadt so. Ihre Einwohner nennen sie
bei dem Namen, den sie bis zum Sieg Nordvietnams getragen hat: Saigon. Und das
liegt niht nur an der Tatsahe, dass der alte Name einfaher auszusprehen ist. Der
Süden hat seinen eigenen Stolz. Er produziert heute zwei Dritel des Wohlstandes im
Land und liefert neunzig Prozent der Steuereinnahmen Hanois. Die wirtshatlihe
Stärke sihert dem Süden auh eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber dem Ein-
luss der KP, die in Hanoi sitzt. Die Privatwirtshat ist hier weniger eingeshränkt,
Presse, Literatur und Kunst sind niht so stark zensiert wie anderswo.
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