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Die Eigenständigkeit des Südens zeigt sih niht ofen - shließlih wäre jeder
Lokalpatriotismus unweigerlih Kritik an der Allmaht der Kommunistishen Partei
in Hanoi. Doh er ofenbart sih im Stillen - oder in den Internetforen. »Südkorea«
ist ein Shlagwort, das man dort ot hört. »Wir könnten wohlhabend wie Südkorea
sein, wenn die Wiedervereinigung niemals statgefunden häte«, heißt es.
Dazu kommt, dass viele Einwohner Saigons heute Verwandte im Ausland haben,
vor allem in den USA und in Frankreih. Etwa drei Millionen Vietnamesen leben in-
zwishen als viet kieu, außerhalb Vietnams, der Großteil davon sind Südvietnames-
en, die das Land als Flühtlinge unmitelbar vor dem Fall Saigons verlassen haben.
Die Auslandsvietnamesen shiken pro Jahr eine Milliarde Dollar an ihre Ver-
wandten in Vietnam - ein niht zu untershätzender Beitrag zum vietnamesishen
Wirtshatswahstum. Sie leben otmals in Gemeinshaten wie etwa dem »Litle
Saigon« in der Stadt Westminster, Orange County in Kalifornien. Zu den tradition-
ellen Festen sind die Straßen hier mit der gelben Fahne der untergegangenen Repub-
lik Südvietnams gelaggt.
Das soll niht heißen, dass es im Süden einen Separatismus gäbe. »Wir denken
niht viel über die Vergangenheit nah, die Zukunt ist wihtiger«, sagte mir ein
Bekannter in Ho-Chi-Minh-Stadt, der als Tourguide arbeitet. »Heute sind wir niht
gelb, wir sind auh niht rot - wir sind orange.« Die Leute arrangieren sih mit dem
System, sie nutzen die Netzwerke der Kommunistishen Partei, wenn sie ihnen
Vorteile vershafen, und ignorieren ihre Regeln, wenn sie einen Nahteil bedeuten.
Meinungsfreiheit und Demokratie haben keine hohe Priorität, solange die
Wirtshat weiter wähst. Viel mehr beklagen sih die Menshen im Süden über die
Einshränkungen der Privatwirtshat und über die hohen Steuern, die Hanoi aufer-
legt. Umgekehrt tolerieren die Mahthaber die relative Eigenständigkeit des Südens,
solange die Steuereinnahmen nah Norden ließen.
Das stetige Wirtshatswahstum der letzten Jahre ist am Wiedervereinigungs-
Express niht vorübergegangen - die einst klassenlose Gesellshat ist in diesem
Zug abgeshaft. Die malerishen verbeulten grünen Wagen mit den Holzbänken
und den vergiterten Blehfensterläden, die man vielleiht aus den Fotos der Reise-
führer kennt, gibt es noh. Sie sind am Ende des Zuges angekoppelt. Westlihe
Abenteuertouristen, die auf eine Reise zwishen Bauern in shwarzen Pyjamas,
Marktfrauen und alten Weibern mit von Betelnüssen dunkel gefärbten Zähnen ge-
hoft haben, werden jedoh entäusht: Die Holzklasse bleibt die ganze Fahrt über so
gut wie unbesetzt, man sieht nie mehr als zwei oder drei Fahrgäste in einem Wagen.
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