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kleine Menshenmenge um uns versammelt, und unser Sohn wanderte von Arm zu
Arm, wobei jeder der Umstehenden einen freundlihen Kommentar zu seiner
wohlgeformt-spitzen Nase und seiner hellen Haut mahte. Dann nahm ein Mann
ihn auf den Arm, sah meine Frau, die durh die Shwangershat etwas zugenom-
men hate, vor Freude strahlend an und verkündete: »Du bist fet wie ein Shwein,
und dein Mann ist so dünn als häte er Aids!«
Bite was? Hallo? Liebe Asiaten, versteht ihr das unter »Gesiht des Gegenübers
wahren«?
Der Kommentar traf mih etwas unvorbereitet. Alle um uns herum lahten, niht
gehässig, sondern so als häte der Mann uns ein großes Kompliment gemaht -
selbst meine Frau lahte. Immerhin wusste ih, dass man in Südostasien im
Zweifelsfall lähelt, daher setzte ih ein Strahlen auf und nahm meinen Sohn wieder
an mih. Allerdings niht ohne einen Blik mit ratlos hohgezogener Augenbraue in
Rihtung meiner Frau zu werfen. Die sagte zu mir: »Er meint es niht böse. Es ist
ein Sherz. So reden wir Kambodshaner eben miteinander.« Und tatsählih: Alle
Umstehenden lahten über seine Worte, und ihr Lahen shien in keiner Weise her-
ablassend zu sein.
Vielleiht wäre ih weniger verwirrt gewesen, häte ih niht in meinem Leben
shon so viele Reiseführer gelesen. Ih habe den Verdaht, dass wir Europäer einfah
eine Menge antiquierter Klisheevorstellungen mit uns herumtragen, die bereiste
Autoren seit Generationen voneinander abshreiben. Und diese Vorstellungen ver-
stellen uns den Blik darauf, wie Asien tatsählih ist.
Sind die Menshen in Indohina also unhölihe Rüpel - das genaue Gegenteil des
Klishees? Nah fünf Jahren interkultureller Ehe und unzähligen Feldstudien in Sü-
dostasien kann ih sagen: Ja, sie sind tatsählih hölih. Eben so wie Doktor Jekyll
und Mr. Hyde hölih sind. Es kommt auf die Situation an, darauf, wer mit wem re-
det.
Dass die Hölihkeit der Menshen in Laos, Kambodsha und Vietnam sheinbar
unberehenbar ist, stellt man ot shon kurz nah der Ankunt fest. Ein Beispiel:
Man geht in einem Touristenrestaurant einen Kafee trinken und unterhält sih
dabei mit der Bedienung - eine junge Frau, ein harmantes, ständig lähelndes
Wesen, das niht ot genug »thank you« und »please« sagen kann und sih beim
Kihern shühtern die Hand vor den Mund hält. Am liebsten möhte man diese Art
Kellnerin in großer Menge nah Deutshland importieren. Doh wie sehr verändert
sih ihr Charakter, wenn sie sih zum Tresen hin umdreht, an dem ihre kleine Sh-
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