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prozentigen Bier (und einzigen Alkohol, den es im Supermarkt zu kaufen gibt), vor
ihrem Zelt lagerten. Das allgemein als lätöl bezeihnete Leihtbier unterteilt sih
noh einmal in das bis zu 2,8-prozentige, das frei verkäulih ist, und das folköl mit
einem Alkoholanteil zwishen 2,8 und 3,5 Prozent, das nur an Menshen ab 18 Jahre
verkaut werden darf. Beides muss man ziemlih shnell trinken, will man auh nur
dem santesten Raush erliegen. Oder man geht ins staatlihe Alkoholgeshät und
greit zum hohpreisigen, aber normalprozentigen mellan- oder starköl, dem mitel-
starken Bier oder Starkbier.
Auf der Uferpromenade Rihtung Visby erfasste mih kein Raush, sondern Stille.
Es war eine Stille, die die Radler und Skater, die auf dem Asphalt vorbeisausten,
entshleunigte, eine Stille, die niht tonlos war, sondern die Wahrnehmung intens-
ivierte. Sie vereinzelte die Dinge und mahte sie deutliher: Bäume standen gebogen
und abgeshlifen im Wind. Möwen fetzten sih in der Lut. Eine stand lange reglos
über mir. Dann stellte sie den rehten Flügel shräg und ließ sih davonreißen in
Rihtung Sonne, die durh den aufgerissenen Wolkenkrater stah, zielgenau, sharf,
eine Klinge aus Liht. Noh abends um zehn würde die Sonne ins Zelt stehen, lah,
aber krätiger als irgendwo sonst. Es war Juni. Auf den Hügeln an der Stadtmauer
von Visby war das Gras gemäht. Musiker mahten auf einer Freilihtbühne ihre In-
strumente klar, ältere Herrshaten saßen auf Bänken, Familien breiteten Deken
aus, Jugendlihe blieben stehen, um den leihten Blues zu hören. All das geshah so
beiläuig, als wäre noh ungeplant, wie der Abend verliefe, noh ungeklärt, ob diese
Sommernaht überhaupt je beginnen würde oder nur der Tag in einen neuen Tag
hineinloss.
Höher auf dem Marktplatz und am Hafen: Cafés. Cafés, in denen es Sa-
frankuhen, safranpannkaka, mit Preiselbeeren gab. Vor einem Lokal, einem Haus
aus dem 14. Jahrhundert, waren Fakeln aufgestellt, und ein Jugendliher, als
Knappe verkleidet, stekte seinen Kopf in eine Strekbank. In den Seitenstraßen
niedrige Häuser, ein kühles Liht und dieses Alleinsein, das nihts mit dem hohlen
Shmerz zu tun hat, der Alleinreisende abends manhmal befällt. Dieses Alleinsein
ist einfah und mild, und es löst, wenn es gut geht, Glüksmomente aus. Es ging mir
gut. Das Klirren der Wanten an den Segelmasten, das vom Hafen hohdrang, die
Kirhenruine auf dem Stora Torget, dem shiefen Marktplatz, später die Ruine der
Petruskirhe, im Inneren wehten Vögel auf. Dann wieder Stille. Drei Platanen und
eine Frau in Blumenrok und weißem, kurzärmeligem Strikpullover. Sie war so alt,
dass sie sih nur zentimeterweise vorwärtsshob, aus ihrer gelben Tür, vor ihr blaues
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