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17. Jahrhundert allerdings auh eines der shmutzigsten Zentren Europas. »Stok-
holm mit (seinen) Betlern, Kneipen, die voll sind von grölenden Stimmen, mit ihren
skrofulösen Kindern, ihren brutalen Intrigen, ihren halb nakten, einfältig sin-
genden Huren, ihrem Shmutz und ihren Verbrehen.« So stellt sih der Shritsteller
Lars Gustafsson die damalige Stadt vor.
Heute ahtet man beim Bauen neuer Wohnviertel auf Familienfreundlihkeit.
Helle, individuell geshnitene Wohnungen mit hohen Fenstern und einer zurükhal-
tenden, shlihten Ästhetik entstanden beispielsweise in Hammarby Sjöstad, das
zwar fern vom Stadtzentrum liegt, dafür aber eine eigene Skiabfahrtspiste besitzt.
Niht selten wird man stolz darauf hingewiesen, dass der erste sozialdemokrat-
ishe Präsident Hjalmar Branting bis zu seinem Tod in einer shlihten Wohnung in
einem der vielen Hohhauskomplexe der Stadt wohnte.
Der Ort, den die Shweden trotzdem immer noh am meisten lieben, bleibt die smul-
tronställe. Smultron sind süße Walderdbeeren. Die Frühte stehen symbolish für
den Sehnsuhtsort, der alles umfasst; die Süße der Kindheit, ewige Jugend und das
Glük, träumend im besonnten, dutenden Gras zu liegen. Dieser Lieblingsplatz im
Wald, der wahren Heimat, ist so persönlih, dass man ihn niht einmal der besten
Freundin verrät.
Bei einer derart hartnäkigen Bevorzugung der Natur ist es reine Notwehr, wenn
sih Stokholmer an ihren Ruf der Eitelkeit klammern. Wie sie das tun, konnte man
erst kürzlih wieder beobahten. Da eröfnete das erste Yogastudio für Hunde, das
»Dog Planet« im Nobelviertel Östermalm. Während die Hunde »Doga« mahen,
kann Herrhen oder Frauhen ihnen das Pföthen halten, Zeitung lesen oder sih
selbst einer Massage hingeben, was insgesamt einen sehr weltofenen, nämlih
amerikanishen Eindruk maht und die Stokholmer erneut ein Stük von ihren
ländlihen Landsleuten abrükt. Auh die Mode haben die Hauptstädter als eine
Möglihkeit der Selbstbehauptung entdekt. Sind etwa dünne Jeans mit umgeshla-
genen Hosenbeinen und die Farbe Grün angesagt, stellen die Stokholmer stillsh-
weigend siher, dass jeder, vom Greis bis zum Säugling, mit exakt auf derselben
Höhe umgeshlagenen Hosenbeinen und in Grün herumläut. Wem das wie eine
konforme Trendhörigkeit ersheint, sitzt einem Trugshluss auf, einer weiteren
dieser optishen Täushungen Stokholms. Denn die Einheitlihkeit in Sahen Mode
dient dazu, sih seiner Stellung als Städter zu versihern. Irgendwie muss man sih
ja gegenüber der allgegenwärtigen Naturromantik behaupten! Und häte der Baby-
boom seit ein paar Jahren niht ganz Shweden im Grif, käme man in Versuhung,
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