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»von hier muss das kommen«, sagt Morales und zeigt auf sein Zwerhfell - der große
Tooooor-Gesang. Mal 30 , mal 35 , mal 40 Sekunden lang, je nah Bewegtheit und
Form, »sehr anstrengend ist das immer, ih sollte eigentlih niht rauhen«, sagt
Morales und legt seine Zigarre für einen Moment im Ashenbeher ab.
Dann kommt, »und das habe ih erfunden«, die Phantasiephase: Mit blumigen
Worten, mit den Metaphern eines arabishen Geshihtenerzählers, malt er das Tor
aus, »die Einladung zur Emotion mitels des Wortes«, wie er sagt. Ist das Poesie,
Lyrik? »Na ja, manhmal gibt es einen Trefer, einen gelungenen Satz, eine shöne
Zeile vielleiht - aber bleiben wir respektvoll gegenüber den Poeten …«
Und shließlih Wiederholung und Analyse: Wie ist der Trefer zustande gekom-
men, warum war er so shön, was bedeutet er für die Meistershat, was für den
Torshützen im Besonderen und was für den Zustand des Fußballs im Allgemeinen?
Morales kommentiert gerne üppig, er kann shon mal fünf, sehs Minuten lang von
nihts anderem reden als von einem Tor - und verpasst darüber gelegentlih den
Kontertreffer auf der Gegenseite …
Die Brüllerei hat Spuren in seiner Stimme hinterlassen. Sie ist über die Jahre ein
wenig tiefer geworden, herber, rauer. Als habe man mit feinem Shleifpapier über die
Stimmbänder gerieben. Doh man mag diese Sprehe, man hört Morales gerne zu.
Frauen shwärmen für sein Timbre, seine Wortwahl, seine Eleganz. Längst hat man
ihm auh Fernsehsendungen gegeben, eine Fußball-Talkshow und ein Frühstükspro-
gramm.
Und doh, man ahnt es: Der Fußball ist nur das eine im Leben von Víctor Hugo
Morales. Das andere ist die Musik: Er verpasst selten eine wihtige Premiere an
der Metropolitan Opera in New York. Und auf Radio Nacional Clásica gibt er eine
Musiksendung, jeden Samstag um elf. »Man kann«, sagt Morales, »mit derselben
Leidenshat über Maradona und Pelé diskutieren wie über Luciano Pavaroti und
Plácido Domingo.« Das dramatishe Auf und Ab, das ewige Pendel zwishen Edlem
und Elend, zwishen Jubel und Jammer - da habe der Fußball doh viel mit der Oper
gemein.
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