Travel Reference
In-Depth Information
Dublin entwickelte sich zum Zentrum der politischen und wirtschaftlichen Geschehnisse
sowie der klerikalen und administrativen Macht. Es besaß ein fruchtbares agrarisches Hinterland,
über das weltliche und geistliche Grundherren verfügten. Die Dreifelderwirtschaft war ebenso
bekannt wie der Anbau von Weizen, Roggen, Hafer und Gerste sowie die wirtschaftliche
Nutzung der Wälder. Nur die Diözese Dublin unterstand der Kontrolle Canterburys und war
damit den englischen Hafenstädten gleichgestellt. Dublins Verbindungen zur
anglo-normannischen Handelswelt und besonders zur Südwestküste Englands machten es zu
einer Brücke zwischen der gälischen Kultur und dem aufstrebenden Königshaus der Plantagenets.
Das restliche Irland war noch bis 1152 in kirchlichen Fragen von Laienäbten verwaltet worden,
deren Amt erblich war. Nun aber forderte Dublin für sich selbst den Erzbischofssitz ein und
lieferte damit dem englischen Papst Hadrian IV. das Argument, der anglo-normannischen
Unterwerfung Irlands zuzustimmen.
Kolonisierung und Krisen
Die Erschließung Irlands intensivierte sich als eine Konsequenz des rapiden
Bevölkerungswachstums in Europa zu Beginn des 13. Jahrhunderts. Hohe Nahrungsmittelpreise,
Migration und niedrige Arbeitskosten machten die Kolonisierung noch schwach bevölkerter
Landesteile für die Landwirtschaft nötig und möglich. So entstand ein kompliziertes
Beziehungssystem zwischen Landbesitzenden und Pächtern, in dessen Folge die
anglo-normannische Kultur, ihre Sprache und Gebräuche immer weiter Fuß fassten.
Das mittelalterliche Irland war hochgradig differenziert in weltliche und kirchliche
Hierarchien, was sich selbst in der Architektur widerspiegelte. Der frühe anglo-gotische Baustil
verdrängte in der Sakralarchitektur die irische Romanik. Dubliner Gebäude, auch solche für
weltliche Zwecke, wurden zunehmend aus Stein statt Holz gebaut. Die Klöster der Zisterzienser,
der Augustiner und besonders der Johanniter wurden durch anglo-normannische Schenkungen
begütert und mit Meisterwerken der Gotik ausgestattet, die Klosteranlagen der Templer wurden
festungsartig ausgebaut. Den neu erworbenen Reichtum des landbesitzenden Adels
dokumentieren die mächtigen Burgen aus dem 13. Jahrhundert wie z.B. Castleroche in der
Grafschaft Louth, die nicht nur als Militärstandorte, sondern als Zentren für die
Finanzverwaltung der Region dienten.
Aber die koloniale Expansion in den Westen erforderte viel Personal, das man mit
Unterstützung der Kirche rekrutierte. Für die Plantagenets war es selbstverständlich, dass sie als
Feudalherren über die mit Kirchenämtern verbundenen Einkünfte (Temporalien) die neuen
Bischöfe und Äbte ernannten. Nicht selten fungierte ein Bischof als Vorsteher der Hofkanzlei, als
Schatzmeister oder sogar als Richter. Daher beriefen die unter königlicher Herrschaft stehenden
Diözesen nur noch anglo-normannische Bischöfe, und eine Kathedrale wie St. Patrick's in Dublin
verdankte ihre Gründung dem Zweck der Ausbildung von königlichen und kirchlichen
Verwaltern. Doch weil die Durchdringung Irlands nicht vollständig war, blieben
nicht-kolonisierte, abgelegene Territorien auch in religiösen Fragen rückständig. Hier wirkten
Orden wie die Franziskaner und Dominikaner, ohne verhindern zu können, dass im Inneren der
Insel Zivilisationsgrenzen zwischen neu besiedelten und keltischen Territorien entstanden. Zwei
einander fremde soziale Ordnungen waren im Begriff, sich parallel zueinander zu entwickeln.
In der Folge wurde das gälische Irland, besonders Connacht, zum Schauplatz unzähliger
Kriege. Militärische Gewalt konnte jeder ausüben, der nur einen kleinen Haufen von Kriegern
befehligte. Ihre Bezahlung besorgten sich die Söldner über Mittelsmänner und trugen damit zu
Search WWH ::




Custom Search