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Minderheiten
und Schweden führten in der Vergan-
genheit die Geschicke des Landes und
von Zeit zu Zeit drohten die Esten
selbst, zur Minderheit im eigenen
Land zu werden.
Zu Zeiten der ersten Republik,
1925, erließ die Regierung ein Auto-
nomiegesetz, welches Minderheiten
besondere Rechte einräumte: „Das
deutsche, russische und schwedische
Volk sowie diejenigen auf estländi-
schem Territorium lebenden Minoritä-
ten, deren Gesamtzahl nicht kleiner als
3000 ist“, wurde hier aufgeführt. Est-
land war damit der erste Staat in Euro-
pa, der seinen Minderheiten gesetz-
lich Kulturautonomie zubilligte, sodass
den Minoritäten gestattet war, eigene
Schulen, Vereinigungen, Theater und
Zeitungen zu gründen und somit ihre
Nationalkultur zu bewahren und wei-
terzuentwickeln.
Sieht man einmal von den soge-
nannten altgläubigen Russen ab, die
schon in dem Gesetz von 1925 aufge-
führt wurden, spielen die beiden dort
ebenfalls aufgezählten traditionellen
Minderheiten - Schweden und Deut-
sche - heute zahlenmäßig keine Rolle
mehr. Die baltendeutsche Geschich-
te in Estland fand nach über 700-jähri-
ger Vormachtstellung Anfang des
20. Jahrhunderts ihr Ende. Stellten die
Nachfahren der deutschen Ordensrit-
ter noch bis dahin die Oberschicht
Estlands dar, wurde ihnen die wirt-
schaftliche und politische Macht bin-
nen weniger Jahre genommen. Die
Agrarreform des unabhängig gewor-
denen Staates bedeutete 1919 den
Verlust ihres Großgrundbesitzes, die
Etwa 1,34 Millionen Menschen woh-
nen in dem Land am finnischen Meer-
busen, doch selbst davon sind nur
knapp 930.000 Esten. Die Liste der re-
gistrierten Volks- und Minderheits-
gruppen ist lang, über 100 verschiede-
ne ethnische Gruppen sind erfasst, die
sich wiederum zu rund 150-200 Or-
ganisationen zusammengeschlossen
haben. Das estnische Statistikamt zählt
heute knapp 350.000 Russen (ca.
26 % der Bevölkerung), etwa 28.000
Ukrainer (2,1 %), 16.000 Weißrussen
(1,2 %) und 11.000 Finnen (0,8 %) als
größte nicht-estnische Bevölkerungs-
gruppen auf. Tataren, Letten, Polen,
Litauer, Deutsche und andere Volks-
gruppen sind zahlenmäßig geringer
vertreten. Angesichts der Tatsache,
dass nur 67,9 % der estnischen Bevöl-
kerung Esten sind und gleichzeitig
mehr als ein Viertel russischsprachig
ist, überrascht es nicht, dass das kleine
Land seit 1997 einen eigenen Minister
für Bevölkerung und ethnische Ange-
legenheit hat.
Deutsche und schwedische
Minderheiten vor 1945
Die hohe Anzahl an ethnischen
Gruppen und Nationalitäten in Estland
erklärt sich durch die Geschichte des
Landes. Bis auf die kurze Selbststän-
digkeit von 1920 bis 1940 (siehe „Ge-
schichte“) ist Estland erst seit dem Jahr
1991 wirklich unabhängig. Jahrhun-
derte lang hielten hingegen fremde
Herrscher die Fäden in der Hand:
Deutsche und Russen, Dänen, Polen
 
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