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Die Christen frohlockten, aber sie unternahmen keine Anstrengungen,
das geschwächte Osmanenreich endgültig zu vernichten (wozu ihnen
wohl auch die militärischeKraftgefehlt hätte). Da Timur Lenk bereits1405
starb und sein Reich zerfiel, konnten die Osmanen unter Sultan Mehmed
(1413-1421) ihre Herrschaft wieder neu aufbauen. In der Regierungszeit
seines Sohnes Murad II. (1421-1451) gewannen die Osmanen nicht nur
ihre alte Stärke zurück, sondern es gelang ihnen auch, bei Varna an der
Schwarzmeeküste das letzte große europäische Kreuzfahrerheer vernich-
tend zu schlagen (10.9.1444). Dieser Sieg war zugleichdas Todesurteilfür
Byzanz, denn noch einmal sollte das Abendland nicht die Kraft aufbrin-
gen,demnungänzlicheingekreistenKonstantinopelzuHilfezukommen.
Mehmed II. (1451-1481), dessen Beiname Fatih („der Eroberer“) schon
einen Höhepunkt der osmanischen Geschichte ankündigt, beginnt am
6.4.1453 mit zwanzigfacher Übermacht und der größten Kanone der da-
maligen Welt (ein ungarischer Renegat hatte das 12-Zentner-Kugeln ver-
schießende Ungetüm konstruiert) die berühmte Belagerung von Kons-
tantinopel. Die Byzantiner, verstärkt durch Genuesen und Venezianer -
insgesamt knapp 10.000 wehrfähige Männer -, widerstanden kämpfend
undbetendeineinhalbMonate.AmMorgendes29.5.1453erstürmtendie
türkischen Truppen nach einem sechsstündigen nächtlichen Sturmangriff
die Stadt, deren Widerstand - nach dem uns schon bekannten Erobe-
rungsprinzip des Islam - eine dreitägige Plünderung nach sich zog. Der
letzte byzantinische Kaiser, Konstantin XI. Palaiologos, wurde von den an-
dringendenHordenenthauptet(wasdenmeistenderchristlichenSoldaten
ebenso widerfuhr). Mehmet schickte den Kopf des letzten oströmischen
Kaisers ausgestopft durch die Metropolen der muslimischen Welt, wohl
wissend, dass er soeben dem Islam den größten Triumph geschenkt hatte.
Denn weit wichtiger als der militärische war der symbolische Sieg: Das
östliche Bollwerk der Christenheit - einst die wichtigste, größte und zu-
gleichreichsteStadtdesAbendlands-standuntertürkischenFahnenund
sollte unter dem neuen Namen Istanbul die Hauptstadt des bedeutends-
ten islamischen Reiches werden. Der osmanische Sultan durfte nun nicht
mehr nur davon träumen, der Herr des islamischen Ostens (wir erinnern
uns: dar al-islam ) zu werden; als Erbe des byzantinischen Reiches meldete
er auch Anspruch auf die Herrschaft über die (östliche) Christenheit (dar
al-harb) an.DaswareinEroberungssprogramm,dassichhervorragendmit
dem alten türkischen Ghasi-Grenzkriegertum verband, und die vom Fall
derStadtentsetztenEuropäersollteninderZukunftgenugGrundhaben,ei-
negeradezuhysterischeTürkenangstzuentwickeln.
Mehmed ließsichkonsequenterweisedennauchvomSchattenkalifenin
Kairo bestätigen, dass er im vollen Sinne den Titel „Sultan“ führen dürfe.
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