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(sulhan), nicht gebrandschatzt werden durften. Leisteten sie dagegen Wi-
derstand (anwatan), fielen sie in der Regel einer dreitägigen Plünderung
anheim.
SowiederIslam-zumindestensinseinerFrühzeit-dasChristentuman
gesellschaftspolitischer Toleranz übertraf, so überragte er auch in den
nächsten vier Jahrhunderten das Abendland auf vielen kulturellen Gebie-
ten. Denn auch auf den Feldern von Wissenschaft, Kunst und Lebens-
weise lag die Initiative, spri ch „Hochkultur“, nun für lange Zeit beim isla-
mischen „Osten“. Den muslimischen Bewohnern von Bagdad, Damaskus
und Cordoba dürfte das sogenannte Abendland, das sich in den „Tiefen“
desFrühmittelaltersaufeinerfaststädtelosenAgrarstufebefand,kaumbe-
merkenswert oder gar vorbildhaft erschienen sein. Im Gegenteil: Die ok-
zidentalen „Barbaren“ - welch ironische Kehrtwendung des westlichen
Begriffs - waren es, die in ihrer sich langsam entwickelnden geistigen Re-
naissance von den Muslimen profitierten: Mathematik, Medizin und Phi-
losophie(dieWerkedes Aristoteles wurdenüberdieislamischeRezeption
dem christlichen Abendland wiedergeschenkt) sowie multikulturelle Viel-
falt waren die geistigen Aktivposten der muslimischen Hauptstädte, die
sichjetztnichtganzzuUnrechtalsNabelderWeltfühlendurften.Dasby-
zantinischeReichwardabeiunterdenchristlichenReichennochfürlange
Zeit das staatlich und kulturell hochentwickeltste Gebilde - sicherlich ein
Grund, dass der Angriff des Islam lange Zeit im östlichen Anatolien
steckenblieb.
Das islamische Riesenreich konnte von den Kalifen der Omajjaden-Dy-
nastie (661-750;ResidenzinDamaskus)nochmühsamzusammengehal-
ten werden. Aber schon unter den Abbasiden (750-1258; Residenz in
Bagdad)beganndasKalifat,anpolitischer-nichtanreligiöser!-Kraftein-
zubüßen. Wesentliche Teile des Reiches - wie Spani en, Nordafrika und
die zentralasiatischen Provinzen - machten sich unter einheimischen Dy-
nastien selbstständig, und die Hegemonie der arabischen Herrenschicht
wich zunehmend persischen und türkischen Nachkömmlingen. Die Kali-
fen in Bagdad - unter denen Harun ar-Raschid (786-809) aufgrund der
Märchensammlung von „Tausend und eine Nacht“ der wohl bekannteste
ist - gerieten immer mehr unter den Einfluss ihrer persischen oder türki-
schen Großwesire, die de facto die Politik bestimmten.
In Kleinasien gelang es den byzantinischen Kaisern, im jährlichen
Grenzkrieg wieder die Initiative zurückzuerlangen: Syrien und der Kauka-
sus fielen im 10 und 11. Jh. wieder unter christliche Herrschaft, Zypern
konnte von der byzantinischen Flotte zurückerobert werden.
Da brachen um die Mitte des 11. Jh. die aus Zentralasien stammenden
Seldschuken nach Persien ein. Unter Tughril Beg erlangte dieser türkische
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