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Gegenzug zu all dem Lob, das dem deutschen Staat zuteil geworden war,
unsere schwärmenden Äußerungen über die türkische Kultur und die
Herzlichkeit der Menschen übersetzte, lächelten uns alle freundlich und
zufrieden an.
Unser Gastgeber aber schlug vor - oder besser: befahl -, ins Innere des
Lokals zu wechseln, um eine Kleinigkeit zu essen. An dem einfachen, lan-
gen Tisch nahmen mit uns zusammen acht Personen Platz, die selbstver-
ständlich dem Gastgeber die Position am Kopfende - gegenüber der Ein-
gangstür - überließen. Wieder mussten wir uns an seine Seite setzen; ver-
schiedene Fleisch-, Saucen- und Salatschüsseln samt Berge von Fladenbrot
(pide) kamen auf den Tisch, Krüge mit Wasser wurden an den Enden pos-
tiert sowie zwei Flaschen rak£ in Reichweite unseres Gastgebers gestellt. Er
schenkte den Umsitzenden ein - nur die Mischung mit Wasser überließ er
jedem selbst - und reichte die Flasche dann an das andere Ende des
Tischs.
Der e rste Toast, ich erinnere mich noch genau, ging auf die deutsch-tür-
kische Freundschaft, jenes seit Kaiser-Wilhelms-Zeiten so spezielle, innige,
ja manchmal unlogische, leider oft auch etwas einseitige Liebesverhältnis,
das heute noch jedem deutschen Touristen entgegengebracht wird. Ge-
gessen wurde schnell und ohne viel Dekor; mit der „Löwenmilch“ ( arslan
sütü, wie der rak£ auch genannt wird) wurden dann die Themen schwerer:
die politische Situation des Lande s, die unbefriedigende und schwierige
Wirtschaftslage, ja selbst die Probleme mit der militanten Arbeiterpartei
Kurdistans (PKK), die nur wenige Kilometer südlich von hier bereits ope-
rierte, und immer wieder und vor allem die Sorge in den Gesichtern, wie
man sich selbst in einer solchen Welt über Wasser halten könne.
Am meisten und am nachdrücklichsten sprach unser Gastgeber, er
schien alle Probleme samt Lösungen mit seiner souveränen Haltung zu
überblicken; wir hielten uns als yabanc£lar (Fremde) mit Kommentaren vor-
sichtig zurück, um eher zu fragen als zu sprechen. Unser Gastgeber sorg-
te stets dafür, dass unsere und die Gläser der anderen gefüllt waren. (Wer
einmal in eine ähnliche Situation kommt, dem sei geraten, vorsichtig mit
der Löwenmilch umzugehen: Der dem griechischen Ouzo verwandte tür-
kische Anisschnaps, der es in der Regel auf 45% bringt, ist weit hinterhälti-
ger als sein griechisches Pendant; denn im Gegensatz zu diesem merkt
man ihm seine hochprozentigen Umdrehungen vom Geschmack her
kaum an, sodass man schnell in die unwürdige Situation kommen kann,
seine „ Contenance“ zu verlieren.)
Türkische Vorspeisen
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