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dieser Zeit. Größere Umbauten erfolg-
ten im 12. Jh., als die Synagoge deut-
lich erweitert wurde. Zur damaligen
Zeit lebten die Erfurter Juden im Vier-
tel zwischen Rathaus Ñ , Krämerbrü-
cke Ó und Michaeliskirche à . Sie
waren als Kaufleute, Rabbiner und
Gelehrte tätig - bis Mitte des 14. Jh.,
als die Pest in Europa wütete. Ihr fiel
fast 50 % der Bevölkerung zum Op-
fer. Als Wanderprediger die Juden
beschuldigten, Brunnen zu vergiften
und so die tödliche Krankheit auszu-
lösen, gab es für den Mob kein Hal-
ten mehr. Die gesamte jüdische Be-
völkerung Erfurts wurde während des
Pogroms im Jahr 1349 ausgelöscht.
Neue jüdische Gemeinden konnten
sich aufgrund wirtschaftlicher Kri-
sen in den Folgejahren nicht lange
halten, sodass es 1453 zum Verkauf
aller jüdischen Gebäude kam. Auch
die Alte Synagoge war betroffen, die
fortan 500 Jahre lang als Lagerhaus
diente. Im 19. Jh. integrierte man das
Haus in die Gaststätte Zur Feuerku-
gel und baute es teilweise zum Tanz-
saal um. Ein Glücksfall, denn so war
die Synagoge als solche nicht mehr
erkennbar und überdauerte die Zeit
des Nationalsozialismus.
Bei einer Besichtigung der Syna-
goge kann der Besucher über Kopf-
hörer in die wechselvolle Geschich-
te des Hauses eintauchen. Zu sehen
sind der Tanzsaal des 19. Jh. und na-
türlich der einmalige Erfurter Schatz
im Keller des Hauses. Er besteht aus
3141 Silbermünzen, 14 Silberbarren
sowie über 700 gotischen Gold- und
Silberschmiedearbeiten. Es handelt
sich um das Familienkapital des jü-
dischen Händlers Kalman von Wie-
he, das er während des Pestpogroms
aus Angst vor Plünderungen in der
Kellerwand eines Hauses in der Mi-
chaelisstraße versteckte. Prunkstück
Thüringisch schlemmen
Blickt man von der Allerheiligen-
straße É in die Waagegasse Ç ,
so sieht man sie meist schon: die
lodernden Flammen des Indoorgrills
im Faust Food (s. S. 65). Das herz-
hafte Essen, z. B. Thüringer Rost-
bratwurst und Thüringer Rostbrätel
(gegrilltes Schweinenackensteak),
überzeugt. Ideal für eine deftige
Pause zwischendurch.
È Alte Synagoge *** [I F3]
Dass es im mittelalterlichen Erfurt
eine große jüdische Gemeinde gab,
war bekannt. Doch ob aus deren An-
fängen noch etwas erhalten geblie-
ben war, wusste lange Zeit niemand.
Erst Ende der 1980er-Jahre gab es
erste Untersuchungen, die nach der
Wende Erstaunliches zutage brach-
ten: Hinter der Fassade eines maro-
den, versteckt gelegenen und kaum
bekannten Hinterhofhauses verbarg
sich die älteste bis zum Dach erhalte-
ne Synagoge Europas.
Holzanalysen zeigten bald, dass
mit dem Bau der Alten Synagoge
schon vor 900 Jahren begonnen wor-
den war. Doch damit nicht genug:
Bei Bauarbeiten für einen Neubau
in der angrenzenden Michaelisstra-
ße Ä wurde 1998 eine im Mauer-
werk klemmende Silberschale gebor-
gen. Da Bauarbeiter vermuteten, es
handele sich um ein einfaches Stück
Zinn, landete der Fund zunächst im
Bauwagen. Zum Glück untersuchten
Archäologen die Schale genauer und
stießen bei anschließenden Nachgra-
bungen auf einen Schatz, der diese
Bezeichnung zu Recht trägt.
Die Geschichte der Alten Synago-
ge reicht bis in das Jahr 1094 zurück.
Teile der Westmauer stammen aus
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