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ad (d) Soziales Lernen schließlich bedeutet hier, dass die Lernenden Wissen, d. h. Begriffe von
fortgeschritteneren Individuen, übernehmen können. Dies kann jedoch nur dann geschehen,
wenn die fortgeschritteneren Akteure in der Moore-Umgebung des Lerners sind; soziales Ler-
nen setzt also die Nähe zu den „Lehrern“ voraus. In dem Modell, das hier geschildert wird,
wird die Unterschiedlichkeit des Lernfortschritts dadurch erreicht, dass die Individuen eine
bestimmte Lebensspanne haben und nach deren Vollendung „sterben“, d. h., sie werden durch
neue Akteure ersetzt. Die Konsequenzen daraus für die Sozialstruktur werden am Ende dieses
Beispiels gezeigt.
Ein Lerner hat, wenn ihm neue Wahrnehmungen, also X-Vektoren eingegeben werden, prinzi-
piell drei Lernmöglichkeiten: Einmal können (X,Y)-Paare aus der Umgebung übernommen
werden, falls der Lerner diese noch nicht kennt. Dies ist auch die erste Option, die ein Lerner
realisiert. Anschließend werden die neuen Begriffe durch die Kohonen-Karte in das semanti-
sche Netz integriert. Allerdings wird bei einer derartigen Neuintegration nicht das gesamte
semantische Netz verändert, was völlig unrealistisch wäre, sondern es wird nur der Netzteil
verändert, zu dem der neue Begriff am besten passt. Dieser wird dadurch bestimmt, dass für
jeden Begriffscluster der oder die X-Vektoren gesucht werden, die dem neuen X-Vektor am
ähnlichsten sind. Dies geschieht wie bei der Berechnung der Analogieschlüsse. Nur dieser
Cluster wird anschließend durch den Algorithmus der Kohonen-Karte durch Hinzufügung des
neuen Begriffs modifiziert.
Zum zweiten kann ein Lerner die entsprechenden Y-Vektoren von Akteuren in seiner Umge-
bung übernehmen, falls dies möglich ist. Dies ist dann die zweite Option für den Lerner. Diese
werden dann wie eben beschrieben in das semantische Netz integriert.
Zum dritten kann der Lerner, falls er keinen Y-Vektor aus seiner Umgebung erhält, Analogie-
bildungen durchführen und selbst einen neuen Begriff bilden. Dieser wird ebenfalls in das
semantische Netz integriert. Allerdings kann es vorkommen, dass dieser kreative Lerner seine
Einordnung revidieren muss, falls im Verlauf der Simulation aus anderen Umgebungen andere
Netzanordnungen in die Umgebung des Lerners gelangen und diesen veranlassen, seine Ord-
nung anzupassen. Dabei gilt, dass eine semantische Ordnung als sozial gültig anerkannt wird,
wenn sie von älteren Akteuren stammen. Die Begründung für diese Reihenfolge der Optionen
ist die, dass (die meisten) Menschen lieber etwas von Anderen übernehmen, als es sich selbst
mühsam auszudenken. Dies ist nicht nur bequemer, sondern meistens auch effizienter.
Die folgenden Bilder zeigen exemplarische Entwicklungen der verschiedenen Lerner. 6
Man kann hier bereits gut erkennen, wie die einzelnen Lerner semantische Ordnungen
aufgebaut haben und insbesondere wie unterschiedlich diese zum Teil sind. Der Akteur 1 hat 5
Konzepte für gefährliche Dinge gelernt, Akteure 3 und 4 haben einen Begriff mehr (graue
Farbmarkierung); Akteur 2 hat insgesamt 6 Konzepte per Analogie abgeleitet (weiße Schrift-
markierung), die anderen 3 (Akteur 3) bzw. 2 (Akteur 1). Auch in der Anzahl der Konzepte
insgesamt gibt es bereits leichte Unterschiede.
Obwohl für dies Modell noch keine endgültigen Ergebnisse vorliegen, kann man jetzt schon
zwei interessante Resultate erkennen, die beide darauf verweisen, wie wichtig die soziale Um-
gebung für das individuelle Lernen ist: Zum einen zeigt das Modell, dass die individuellen
semantischen Ordnungen stark davon abhängen, in welcher Reihenfolge die verschiedenen
Begriffe, in Abhängigkeit von der Umgebung, von den Lernern aufgenommen und integriert
werden. Technisch liegt dies daran, dass die Kohonen-Karte, wie jedes deterministische Sys-
tem, in ihrer faktischen Trajektorie wesentlich von den jeweiligen Anfangszuständen abhängt
6
Das System wurde implementiert von Rouven Malecki.
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