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Namen der Humanität, ihrem prominenten Gefangenen doh einen Fernseher in die
Zelle zu stellen: »Er soll wenigstens Galatasaray-Spiele anshauen dürfen.«
Driter im Bunde ist Beşiktaş, der älteste Fußballverein Istanbuls. Ein paar junge
Männer gründeten den Verein 1903 , nahdem sie die Spione des Sultans abgeshüt-
telt haten, dem die Fußballbegeisterung der heutigen Staatsführer fremd war.
Beşiktaş galt lange als der Verein der Arbeiter und Handwerker. Der Club erarbeitete
sih einen Ruf von Sportsgeist und Fairness und hielt sih lange erfolgreih heraus
aus der biteren Feindshat der beiden anderen Vereine, die zweimal im Jahr das
große »interkontinentale Derby« - Europa gegen Asien - austragen.
Der Fußball und die Politik. Zwei Dinge, über die sih ein Türke ohne Ende aus-
lassen kann. Der bekannte Kolumnist und Fernsehmoderator Mehmet Ali Birand
maht auf erstaunlihe Parallelen aufmerksam: So wie die türkishe National-
mannshat ihren Elan, mit dem sie sih in jedes Spiel stürzt, einem ewigen Gesetz
folgend unweigerlih erst einmal in koploser Verwirrung vershleudere, so wie sie
immer erst in allerletzter Minute, ot erst in der Nahspielzeit aufwahe und das
gegnerishe Tor entdeke, so wie ihre Spieler ot ausrasteten, wenn etwas shieläut,
und den Gegner plötzlih treten und boxen, stat ihn im eleganten Slalom zu umdrib-
beln, so wie das Team nah einer Niederlage der plötzlihe und totale Verlust von
Motivation und Moral befalle - genau so, glaubt Mehmet Ali Birand, funktionierten
auh die Relexe der Türken in Alltag und Politik. »So sind wir halt.« Ist es zu spät,
das zu ändern? »Natürlih niht.«
Es war einmal eine Zeit, da mahten der Fußball und die Politik in diesem Land
einen großen Bogen umeinander. Es gab sogar einen Spruh: »Der ist weder links
noh rehts - bloß Fußballer.« Der Spruh stammt aus den hoh politisierten Siebzi-
gerjahren und war natürlih von beiden Lagern abfällig gemeint. Die Zeiten sind
längst vorbei. Der Premier etwa redet ständig, als kommentiere er ein Fußballspiel.
Nah einem Tête-à-tête mit dem amerikanishen Präsidenten trat er vor die Presse
und sagte: »Es reiht niht, den Ball im Mitelfeld hin und her zu shieben. Es ist
Zeit, ein Tor zu shießen.« Da ging es um den Kampf gegen den PKK -Terror. Und so
wie es der Fußball in die Politik geshat hat, hat es die Politik auh in den Fußball
geshat. Wenn die türkishe Nation sih im Krieg wähnt, und das tut sie noh ziem-
lih ot, steht der Fußball Gewehr bei Fuß. Hier wird der Nationalismus den Bür-
gern noh immer ein gutes Stük unverdünnter eingelößt als im Rest Europas. Mal
treten hier die Stürmer der Nationalelf vor die Presse und verkünden, sie widmet-
en die nähsten Spiele den »Märtyrern«, also den von der PKK getöteten Soldaten
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