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Beben
»Das Shiksal kriegt uns sowieso. Ih könnte auh morgen von einem Bus
überfahren werden.«
(Ismail Gül, Kellner)
Es shlät sih gefährlih auf der nordanatolishen Verwerfung. Zuerst die gute Na-
hriht: Die Türkei wandert nah Westen, so oder so. Mit einer Geshwindigkeit von
genau fünfundzwanzig Millimetern im Jahr. Arabien nämlih drükt hoh nah Russ-
land und shiebt nebenbei Anatolien aus dem Weg, also Rihtung Europa. Es gibt
eine weitere gute Nahriht: »Für uns Geologen«, sagt Celal Şengör, »eröfnet dies
eine paradiesishe Möglihkeit des Studiums.« Nun die shlehte Nahriht: Für Istan-
bul bedeutet das die Apokalypse. Sagt auh Celal Şengör. Şengör ist niht nur einer
der wenigen türkishen Wissenshatler von Weltruf, er ist auh ein Mann mit dem
Körper und dem Bass eines Bären. Wenn er das Wort »A- PO - KA - LYP - SE « in den
Raum shleudert wie ein den götlihen Zorn beshwörender Erwekungsprediger,
dann klingt das gleih doppelt apokalyptish.
Die nordanatolishe Verwerfung. Eine horizontale Linie von Ostanatolien bis zum
Mitelmeer ist das, tausendsehshundert Kilometer lang, entlang deren Anatolien sih
nah Westen shiebt. Weil von unten gleihzeitig der afrikanishe Kontinent hoh-
drükt, verläut diese Reise niht reibungslos, die Platen verhaken und verspannen
sih. Manhmal entlädt sih die Spannung. Dann bebt die Erde. Die Geshihte Istan-
buls ist voller verheerender Erdbeben. Die Verwerfung läut direkt vor der Küste
Istanbuls durhs Marmarameer, an keiner Stelle ist sie mehr als zwölf Kilometer vom
Ufer entfernt. Celal Şengör bringt eine Karte. Unweit der Prinzeninseln haben Geolo-
gen steile Abhänge entdekt, die größte Rutshung, die es je im Marmarameer gab,
ausgelöst von einem Erdbeben vor fünfzehntausend Jahren. »Damals rutshte ein
Erdvolumen ab, fünfmal so groß wie alle Prinzeninseln zusammen«, sagt Şengör.
»Niht auszudenken, wenn das noh einmal passierte. Stellen Sie sih die Tsunamis
vor.«
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