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niht, im Gegenteil: Das Tosen der Laster, das Hupen der Autokolonnen, das ist das
gewaltige Leben, das einen wohlig in seine Mite nimmt. So vereinen sih aromatish
Abgaswolken und Kebabdut, man ist allein unter vielen und hängt ungestört und
ungezwungen den Träumen von der alten Zeit nah, während man sih gleihzeitig
der Zivilisation siher weiß.
Als es nah Deutshland ging, in den Sehzigern und Siebzigern, da war das ein
neuer Aubruh gen Westen. Mit dem Auto über die E 5 setzten sih die Kolonnen
in Bewegung. Ausgeplündert von Grenzern und den jugoslawishen Polizisten mit
ihren falshen Strafzeteln, in einer Tüte stets ein paar Stangen Marlboro für die uni-
formierten Straßenräuber. Am Straßenrand der E 5 aber die neuen Weidegründe der
Türken: ein einziger Piknikstreifen, eine große Rauhwolke von Edirne bis zum
Berliner Tiergarten.
Die Zurükgebliebenen derweil: stets auf der Suhe nah dem Baum in der Nähe,
an dem man das eigene Auto festbinden kann.
In Istanbul gibt es auh solhe Orte. Den Belgradwald etwa, hoh oben, kurz vorm
Shwarzen Meer. Stadtplan und GPS brauht man hier niht, zumal samstags und
sonntags: zuerst der Rauhsäule nah, dann dem vielstimmigen Konzert der Autora-
dios, die den Forst vibrieren lassen. »Das Wohenendpiknik, das ist ein wenig wie
nah Wien zum Belagern gehen«, sagt Sinan. Wenn die Familie aus dem Osten stam-
mt, dann shleppt sie die halbe Wohnung mit. Teppih, Teekoher, Grill, Kühltashen
voller Fleish, Obst, Gebäk, Stereoanlage, Hängemate. Wer das genießt? Der Vater
vor allem, der gerne dasitzt und melanholish in die Ferne blikt, und die kleinen
Kinder. Die Müter, die Tanten, die Großmüter, sie shuten die meiste Zeit, und
wenn sie mal nihts zu tun haben, dann laufen sie den Kindern nah.
Solh Treiben ist das Glük des Volkes. Der Bürger maht kein Piknik mehr. Er
fühlt sih sesshat, endlih. Ein leises Eho der alten Zeit shwingt allerdings auh
in seinen Genen. Wenn er dem Ruf niht länger widerstehen kann, maht er sih
auf zu Orten, die werben mit: »Selber grillen, selber essen«. Gartenlokale in den
grünen Vororten Istanbuls. In Tarabya auf der europäishen Seite etwa, oder in Po-
lonezköy drüben in Asien. Das ist Piknik für Reihe. Sie selbst sprehen lieber von
Mangal , vom Barbecue. Man sitzt draußen im Freien, manhmal unter Bäumen, aber
natürlih an Tishen, auf Stühlen. Ein diensteifriger Kellner eilt heran mit Tellern
voller vorgewürztem Fleish und einem Grill, in dem die Holzkohle shon glüht. Den
Garten shmükt ein hölzerner Pavillon, niht selten isst man von weißen Tishdek-
en, wenn die Kinder zu sehr herumtoben, rut man sie zur Ruhe. Wenn man fer-
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