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die neue Verfassung passt nicht zur
Gesellschaft, der sie geschenkt wurde.
Das Volk verballhornt den Begriff „une
et indivisible“ in „une et invisible“ (eins
und unsichtbar). Die „Befreier“ ma-
chen es den Befreiten nicht einfach,
sich an die neuen Zustände zu gewöh-
nen. Das Land wird geplündert, hor-
rende Kriegsbeiträge sind zu zahlen.
Der Widerstand wächst rasch, bricht
im Appenzellischen und im St. Galler-
land aus, um sich in der Innerschweiz
in offene Rebellion zu verwandeln.
Die Nidwaldner wehren sich in einem
aussichtslosen Gemetzel gegen die
Besatzungsmacht. Heinrich Pestalozzi
nimmt sich der Waisenkinder an.
1801 schließt das erschöpfte Öster-
reich Frieden mit Frankreich und Na-
poleon verspricht der Schweiz eine
neue Verfassung. Sein Verfassungsvor-
schlag ist föderalistisch. Er wird im Ok-
tober 1801 in Kraft gesetzt, muss aber
nach erheblichen Wirren durch eine
dritte Verfassung, die sogenannte
Médiation, die noch föderalistischer
ist, ersetzt werden. Mit dieser Verfas-
sung sichert sich Napoleon den inne-
ren Frieden im aufmüpfigen Land der
Eidgenossen.
Außen- und wirtschaftspolitisch ist
die Schweiz von Frankreich abhängig.
Sie muss dem Korsen Truppen zur Ver-
fügung stellen. Neuenburg wird 1806
von Preußen an Frankreich abgetre-
ten, die Verbindung mit der Schweiz
aufgelöst. Das Wallis wird als „Dépar-
tement Simplon“ Frankreich zuge-
schlagen. Die schweizerischen Trup-
penkontingente in Napoleons Kriegen
bezahlen einen hohen Blutzoll. Dau-
ernd sind 15.000 Mann im Einsatz. Mit
der „Grande Armée“ ziehen sie im
Jahre 1812 gegen Russland. Auf dem
Rückzug decken die Schweizer die
napoleonischen Truppen an der Be-
resina. Nur 700 kehren in die Heimat
zurück.
Die Schweiz ist zu erschöpft, um
sich nach der Niederlage Napoleons
selbst zu befreien. Österreicher und
Russen marschieren ein, die Restaura-
tion scheint zu siegen. Die alten Herr-
schaften haben zwanzig Jahre lang
wieder das Sagen. Die alte Herr-
schaftsstruktur mit „zugewandten Or-
ten“ und „gemeinen Herrschaften“
lässt sich jedoch nicht mehr restaurie-
ren. Wichtige Entscheidungen werden
nicht in der Schweiz, sondern am Wie-
ner Kongress, unter Leitung Fürst Met-
ternichs gefällt. Als „Ersatz“ für das
Waadtland und den Aargau wird Bern
das Gebiet des nachmaligen „Berner
Juras“ zugeschlagen, ein Geschenk
das den Bernern noch Bauchgrimmen
bescheren wird. Neuenburg fällt an
Preußen zurück, der preußische König
anerkennt die Doppelunterstellung als
preußisches Fürstentum und schwei-
zerischer Kanton. Das Wallis wird auf
Wunsch seiner Einwohner als Kanton
anerkannt. Auch Genf gelingt der lan-
ge erwünschte Anschluss an die Eidge-
nossenschaft. Am 20.11.1815 aner-
kennt der Kongress in Wien die
„immerwährende Neutralität“ der
Schweiz und ihre Unabhängigkeit und
Unverletzlichkeit und bezeichnet sie
„als im Interesse aller Nationen“. Die-
se Erklärung wird Dogma der schwei-
zerischen Politik und bewahrt das
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