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ren, die sich z.T. bis heute erhalten ha-
ben (s. „Geschichte“). Zu Beginn des
14. Jh. siedelten sich u.a. Deutsche,
Schweden und Russen an, Ende des
14. Jh. wurden Tataren und Karäer (s.
Exkurs „Die Karäer“) ins Land geholt.
Im 16. Jh. während der Reformation
ließen sich in ihrer Heimat verfolgte
schottische Calvinisten, Ende des
18. Jh. in Russland verfolgte Anhänger
der altslawischen Religion nieder, da
es in Litauen eine große Toleranz
gegenüber anderen Religionen und
Nationalitäten gab. Ende des 19. Jh.
wurden viele russische Staatsbeamte
und Militärs nach Litauen versetzt,
nachdem bei dem misslungenen Za-
renaufstand 1863 viele Bewohner
nach Sibirien verschleppt oder getötet
wurden bzw. viele Bürger emigrierten.
Andererseits entwickelte sich Vilnius
zum „Jerusalem des Nordens“ (s.
gleichnamiger Exkurs). Die nächste
Emigrationswelle rollte zwischen dem
Ende des Ersten Weltkrieges und dem
Beginn des Zweiten, zumeist aus wirt-
schaftlichen Gründen, an. Im Juni
1941 erfolgte die nächste Massenver-
schleppung nach Sibirien. Viele ande-
re, vor allem Juden, wurden von den
Nazis oder deren litauischen Schergen
getötet oder fielen im Krieg. Kurz vor
Kriegsende flohen viele nach Westen.
Litauen war auch jenes Land unter al-
len von den Sowjets besetzten Staa-
ten, in dem die meisten Bewohner
Das „polnische Problem“
Während der litauischen Unabhängig-
keitsbestrebungen hielten die verbliebenen
Polen zu Moskau. Als die Litauer ihre Unab-
hängigkeit von Moskau erklärten, verfügte
die Ortsverwaltung der überwiegend von
Polen bewohnten Stadt Šal¤ininkai, dass die
neuen Gesetze dort ungültig seien. Wäh-
rend des Putsches in Moskau im August
1991 wurde vor dem Bezirksgebäude sogar
die rote Fahne gehisst. Und als Litauen
schließlich als unabhängiger Staat anerkannt
war, proklamierten die polnischen Bezirks-
verwaltungen von Vilnius und Šal¤ininkai ih-
re Autonomie, worauf das litauische Parla-
ment sie kurzerhand auflöste.
Im Januar 1992 haben Polen und Litauen
eine „Erklärung über Freundschaft und Zu-
sammenarbeit“ unterzeichnet, in der die
bestehenden Grenzen bestätigt werden. Li-
tauen hat dabei auch auf das ehemalig li-
tauische Gebiet um Suwałki verzichtet, das
nach der Teilung des polnisch-litauischen
Doppelstaats erst an Preußen, dann an das
Großherzogtum Polen fiel.
Über 400 Jahre lang, bis zur letzten Teilung
im Jahre 1795, bildeten Litauen und Polen
zusammen einen Doppelstaat. Mehr als ei-
ne Viertelmillion Polen leben im heutigen Li-
tauen, Vilnius ist nach Tschenstochau die
wichtigste Marien-Kultstätte der Polen. Hier
lebte der polnische Nationaldichter Adam
Mickiewicz, und hier stand die zweitgrößte
polnische Universität.
Nach dem Ersten Weltkrieg weigerten
sich die Litauer, ihren Bund mit Polen zu
erneuern. Daraufhin besetzten polnische
Truppen am 9. Oktober 1920 Vilnius und
die östlichen Gebiete Litauens. „Befreiung“,
nannten sie es; für die Litauer war es oku-
pacija. Vilnius wurde eine polnisch-jüdische
Stadt mit polnischen Straßennamen. 1945-
1958 gingen 222.000 Polen freiwillig oder
wurden in ihr früheres Heimatland depor-
tiert. Noch heute gibt es in diesem Gebiet
Ortschaften mit überwiegend polnischer
Bevölkerung.
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