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Das Palastmuseum besitzt über
140 000 Rollbilder und Kalligrafien, die
zusammengenommen die Essenz der
chinesischen Kunstentwicklung bilden
und somit einen tiefen Einblick in die
chinesische Kunstgeschichte erlauben.
Um einen Einblick in die Gesamtheit
der Kunstschätze zu geben, wird die
Ausstellung immer wieder variiert, so-
dass u. U. nicht immer alle hier be-
schriebenen Werke zu sehen sind.
und arbeiten mit Linien und Strichen
als Grundelementen. Allerdings wird
in der Kalligrafie der Ausdruck von
Emotionen angestrebt, während in der
Malerei eher Abbilder skizziert wer-
den. Malen heißt Bilder schreiben,
Schreiben heißt Bilder malen - und so
ist es vielleicht kein Zufall, dass das
Streben nach ästhetischem Genuss um
seiner selbst willen im 4.-5. Jh. auch die
Malerei beeinflusste, die nun nicht
mehr wie noch zur Han-Zeit die Do-
mäne von Handwerkern war, sondern
in gebildeten Kreisen ausgeübt wurde.
Gu Kaizhi (345-411), ein genialer
Künstler voller Schlagfertigkeit und
Witz, war vielleicht der erste derjeni-
gen Maler, deren Ruf bis in die Mo-
derne erhalten geblieben ist. Von ihm
sind u. a. Ausschnitte der 470 cm bzw.
572 cm langen Werke »Hervorragende
Damen« (»Lienü Renzhi Tu«) und »Die
Nymphe vom Luo-Fluss« (»Luo Shen Fu
Tu«), in denen die Malerei zu einer Er-
zählung wird und wie ein Film vor dem
Betrachter abläuft, zu sehen.
Eine Zeit des L'art pour l'art
Das 4. und 5. Jh. war eine chaotische
Zeit. Nordchina war ein Spielball noma-
discher Invasoren, verwegener Horden,
die unter kühnen Führern in schneller
Folge kurzlebige Staaten gründeten.
Etwas friedlicher ging es damals im Sü-
den zu, den zwar ebenfalls kurzlebige
Dynastien beherrschten, der aber we-
nigstens von den ständigen Einfällen
›wilder Barbarenstämme‹ verschont
blieb. Mag die Zeit zwischen dem 3. und
dem 6. Jh. politisch von Auflösung ge-
prägt gewesen sein, intellektuell und
künstlerisch war sie eine Epoche geisti-
ger Unabhängigkeit und Freiheit. Ab-
scheu vor Konventionen, ja die Leiden-
schaft für L'art pour l'art sind die beste-
chenden Merkmale dieser Zeit, in der
sich die aristokratische Intelligenz in
schöngeistigen Dingen erging und es
Mode wurde, sich dem Buddhismus
oder Daoismus zuzuwenden. Buddhis-
mus und Daoismus waren es auch, die
die chinesische Kunst - Malerei wie Kal-
ligrafie - durch alle Dynastien hindurch
immer wieder zu Höchstleistungen und
raffiniertesten Ideen führten.
Flüsse und Berge
Doch eine weitere Entwicklung fällt in
die Zeit der politischen Wirren - und
zwar die der Landschaftsmalerei, in
der vor allem der Daoismus seinen
sinnfälligen Ausdruck fand. Anfangs
lediglich Hintergrundmalerei, begann
sie spätestens im 10. Jh. die Architek-
tur-, Figuren- und Erzählmalerei von
deren erstem Platz zu verdrängen. Im
Mittelpunkt stand jetzt stattdessen die
Versenkung in die Natur. Die Maler sa-
hen von nun an in der Darstellung des
Wesens der Natur und nicht in der Re-
produktion des Abbilds der Natur ihre
Berufung. Eines der großartigen
Werke dieser Stilrichtung schuf Wang
Ximeng (1096-1119) mit seinem bei-
nahe 11 m langen, immer nur in Aus-
schnitten zu sehenden Werk »Tausend
Edle Damen - schöne Nymphen
Kalligrafie und Malerei bilden für das
chinesische Kunstempfinden eine un-
trennbare Einheit. Beide Richtungen
benutzen dieselben Werkzeuge wie
Pinsel, Tinte, Papier und Tintenstein
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