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Die Zeit der Piraten
E s ging bei fast allen Piratenüberfällen gegen die Schiffe der Spanier,
denn die hatten bei ihren Raubzügen quer über den amerikanischen
Kontinent sagenhafte Reichtümer zusammengeraubt. Und die sollten
nun sicher über den Atlantik gebracht werden, was alles andere als ein-
fach war.
Die Spanier hatten ein gut organisiertes Transportsystem entwickelt.
Aus dem ehemaligen Aztekenreich flossen die Goldfunde zum Hafen
Veracruz an die Ostküste Mexikos. Von dort fuhren die Schiffe weiter
nach Havanna (Kuba), von wo sie entweder direkt nach Spanien liefen
oder auf die Silberflotte warteten, die aus Cartagena und Porto Bello
kam. Die Schätze der Inkas wurden auf Schiffen im Pazifik bis zum Hafen
Panama gebracht. Dort wurden sie umgeladen und auf Maultieren in an-
strengenden Gewaltmärschen durch den Dschungel über den Isthmus
nach Porto Bello transportiert. Von Porto Bello wurde das Silber dann
nach Havanna gebracht.
Die Spanier hatten den unschätzbaren Vorteil, dass sie in völliger Si-
cherheit die Silberschiffe im Pazifik segeln lassen konnten, denn es gab
niemanden, der den Weg durch die Magellanstraße kannte und wagte.
Das war das bestgehütetste Geheimnis Spaniens!
Somit mussten die Schiffe nur auf der Atlantikroute geschützt werden,
und dies geschah durch aufwendigen Geleitschutz.
Die möglichen Angriffspunkte für Piraten lagen also in erster Linie
auf der Strecke nach Havanna, denn einen riesigen Geleitzug anzugrei-
fen, traute sich niemand. Unzählige Piratenattacken fanden deshalb in
den karibischen Gewässern statt, besonders auf kleinere Schiffe, oder
man plünderte die Hafenstädte, in denen gerade ein Schiff lag.
1602 überfiel ein Mann namens Pierre le Grand ein spanisches Schiff.
Die Piraten erbeuteten ohne nennenswerten Widerstand das Schiff mit
den Schätzen. Die Tat war bald vergessen, aber nicht der Ruf, den die
Spanier dadurch erhielten.
Viele schwer schuftende Männer, denen Ströme von Milch und Honig
in der Neuen Welt versprochen worden waren, die aber nur Hitze und
Mühsal vorfanden, erfuhren nun, wie leicht ein spanisches Schiff zu entern
sei. Etliche, vor allem die rauhen Rinderjäger, Boucanniers genannt, ent-
schlossen sich daraufhin, nun nicht länger im Busch zu leben, Rinder zu ja-
gen oder ihre Plantage zu bestellen. Sie versuchten sich ebenfalls als Pira-
ten und hatten großen Erfolg. Die Boucanniers von Tortuga (kleine Insel
vor Hispaniok, im heutigen Haiti, direkt vor dem Ort Port-de-Paix) waren
sehr bald der gefürchtetste Piratenhaufen der Karibik. Dabei bildeten sie
eine erstaunliche Gemeinschaft, die als eine der wenigen funktionieren-
den klassenlosen Gesellschaften angesehen wurde, wenigstens zeitweise.
Alexander Oliver Exquemelin gibt in dem authentischen Bericht „Das Pira-
tenbuch“ von 1678 tiefe Einblicke in diese Gesellschaft. Es ist ein höchst le-
senswertes Buch von einem Beteiligten.
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