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Die Küche ist der älteste Raum des Ho-
fes; sie entstand bereits um 1750. Dort
wurden Mahlzeiten für zwanzig Personen
über dem offenen Feuer gekocht. Außer-
dem wurde Lammfleisch geräuchert, das
unter der Decke aufgehängt war. Noch
bis in unser Jahrhundert wurde die Küche
benutzt. Um das Feuer zu unterhalten,
verwendete man Torf oder getrockneten
und deshalb geruchlosen Schafsdung.
Die Küche war weniger der Verwitterung
preisgegeben, da durch das offene Feuer
eine geringere Luftfeuchte herrschte. Das
Holz ist hier durch den Ruß zusätzlich
konserviert worden. Hinter der Küche be-
findet sich der Vorratsraum, der sich
durch die Torfisolation gut zur Lagerhal-
tung eignete.
Nun gelangt man in die Baðstofa, die
„Wohn- und Schlafstube“, den Haupt-
raum des Hauses. Hier wurde gearbeitet
und geschlafen. Einer der drei Raumteile
war für die Bauersfamilie reserviert. Ins-
gesamt kamen bis zu 22 Personen hier
unter, jeweils zwei teilten sich ein Bett.
Die Fensterseite war den Frauen vorbe-
halten, die für ihre Arbeit, das Spinnen
und Stricken, mehr Licht benötigten. Die
Männer verrichteten Schnitzarbeiten,
drehten Seile aus Pferdehaar und kämm-
ten Wolle. Zur Unterhaltung wurden da-
bei oft Sagas oder Gedichte vorgelesen.
Manchmal kam auch ein Vortragskünst-
ler vorbei, der von Hof zu Hof zog. Die
Baðstofa war unbeheizt, nur ihre Bewoh-
ner sorgten mit ihrer Körpertemperatur
für etwas Wärme. Wegen der Kälte legte
man deshalb auch die Kleidung zum
Schlafen nicht ab und deckte sich zusätz-
lich mit Federbetten und Wolldecken zu.
Das Bettzeug wurde vom Bettbrett gehal-
ten, das individuell nach dem Ge-
schmack des Besitzers mit Schnitzereien
verziert wurde. Über dem Bett bewahrte
man das Essgeschirr auf, das oft ebenfalls
mit schönen Schnitzereien geschmückt
wurde. In der Baðstofa kann der Besu-
cher eine Nationaltracht, Festkleidung,
Werkzeug zur Wollverarbeitung sowie
ein altes isländisches Saiteninstrument,
das Langspil, sehen.
An der Südseite des Hauses befindet
sich ein weiterer Ausgang. Er diente als
Notausgang, beispielsweise im Falle ei-
nes Brandes. In der Nähe liegt die Milch-
kammer. Hier wurde Milch in Trenn-
schüsseln geschüttet. Nach 36 Stunden
hatte sich der Rahm abgesetzt; hieraus
machte man Butter. Die übrig gebliebene
Milch wurde dann zu Skýr, einem Joghurt
ähnlich, verarbeitet.
Unweit des Hofes befindet sich die Kir-
che, die zu diesem Gehöft dazugehörte.
Lange Zeit war Glaumbær also auch
Pfarrgemeinde. Die Kirche ist von einem
Friedhof umgeben, dessen alte Grabstei-
ne ein näheres Hinsehen lohnen.
Der Eigentümer des ursprünglichen
Hofes war Þórfinnur Karlsefni, ein Beglei-
ter von Leifur Eiríksson. Þórfinnur lernte
auf Grönland Guðriður Þórbjarnardóttir
kennen, die Tochter irischer Sklaven, und
nahm sie zur Frau. Sie begleitete ihn auf
seiner zweiten Amerikafahrt. Im Winter
1002/03 kam auf dieser Reise ihr Sohn
Snorri zur Welt. Nachdem Þórfinnur ge-
storben war, kehrten Mutter und Sohn
nach Glaumbær zurück. Guðriður unter-
nahm später noch eine Pilgerfahrt nach
Rom, möglicherweise als erste Isländerin
überhaupt. Snorri Þórfinnson errichtete
die erste Kirche von Glaumbær und wur-
de auf dem Friedhof dort beigesetzt; wo
genau, weiß man nicht. Er gilt als der er-
ste in Amerika geborene Europäer und
gleichzeitig als der erste in Europa gestor-
bene Amerikaner. 1994 wurde ihm aus
diesem Grund ein Denkmal auf dem
Kirchhof gesetzt. Die Skulptur aus Bron-
ze wurde im Jahr 1939 von Ásmundur
Sveinsson gegossen. Sie trägt den Titel
„Die erste weiße Mutter in Amerika“.
Beim Museum wurde nach altem Vor-
bild ein neues, aber viel größeres Gras-
soden-Haus erbaut, in dem die Cafeteria
Áskaffi und ein Souvenirshop unterge-
bracht sind.
Öffnungszeiten: 1.6.-15.9. täglich 9-
18 Uhr oder nach Vereinbarung; Tel.
4536173, Eintritt 500 ISK, Kinder unter
16 Jahren frei.
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