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Gletscher-Stausee entleert sich schwall-
artig, und die Flut überschwemmt weite
Gebiete. Diese Gletscherläufe (isl. jö-
kulhlaup) kommen in Island häufig vor.
Gletscher-Stauseen können sich auch
unter dem Eis eines Gletschers ausbil-
den, wenn der Abfluss des Schmelz-
wassers aus dem Gletscher versperrt ist.
Hat sich eine ausreichend große Men-
ge Wasser angesammelt, hebt es das
darüber liegende Eis an, und der Glet-
scher bricht auf. Der Grænalón am
Westrand des Skeiðarárjökull entleert
sich auf diese Weise einmal jährlich
(Abflussmenge 1000-5000 m³/s) und
überschwemmt den Skeiðarársandur.
Ähnlich verhält es sich mit dem Ausbre-
chen von Moränenstauseen.
Kennzeichnend für Island sind darü-
ber hinaus noch viel gewaltigere Glet-
scherläufe, die in ihrer schlimmsten
Wirkung durch einen Vulkanausbruch
unter dem Eis („subglazialer Vulkan“)
hervorgerufen werden. Sie treten in den
aktiven, subglazialen Vulkanzonen Is-
lands alle paar Jahre auf. Hierbei stür-
zen gigantische Wassermassen zu Tal,
die weite Gebiete für einige Zeit unpas-
sierbar machen und auf ihrem Weg al-
les niederwalzen. Beim Ausbruch der
Katla 1918 war der ins Meer fließende
Wasserschwall so gewaltig wie die Was-
serführung im Mündungsgebiet des
Amazonas (mit bis zu 200.000 m³/s)!
Die Küstenlinie östlich von Vík wurde
dabei durch den Sand und Schutt
200 m ins Meer hinaus verlagert. Im
Mýrdalssandur liegen heute noch die
1000 Tonnen schweren Felsbrocken
verstreut, die das Wasser damals aus
dem Gebirge anschwemmte.
Auch am Vatnajökull kommt es regel-
mäßig zu Gletscherläufen, die von den
Grímsvötn ausgehen. Beim „großen“
Gletscherlauf 1934 betrug die Wasser-
führung nach Schätzungen zwischen
45.000 und 100.000 m³/s. Bei den
Grímsvötn befindet sich in einer Cal-
dera unter dem Gletscher ein 35-
40 km² großes Thermalgebiet. Die Erd-
wärme taut das Eis kontinuierlich auf,
und das Wasser sammelt sich in einer
Senke. In einigen Jahren entsteht unter
dem Eis ein See von mehreren Qua-
dratkilometern Größe. Wenn der Was-
serdruck die entsprechende Stärke er-
reicht hat, hebt das Wasser wie beim
Grænalón das Eis an, und der See ent-
leert sich. Durch die dabei auftretende,
plötzliche Entlastung der Erdoberfläche
kann unter dem Gletscher flüssiges
Magma austreten, das weitere Eismas-
sen abtaut und den Gletscherlauf ver-
stärkt. Dies war auch 1934 der Fall.
Ein großer Gletscherlauf ereignete
sich Anfang November 1996 als Folge
des Vulkanausbruchs bei Barðarbunga.
Das Wasser benötigte vier Wochen, bis
es unter dem Eis des Vatnajökull he-
rausströmte. Nachdem die Eruptionen
am 13. Oktober 1996 zu Ende waren,
schmolz der Gletscher weiter, und das
Schmelzwasser floss in die Caldera bei
den Grímsvötn. Hier staute es sich. Ein
50-250 m hoher Eispanzer schloss den
See ein. Normalerweise entleert er sich,
wenn der Wasserstand von 1400 m
(Höhe der Grímsvötn-Caldera über
NN) auf 1430-1450 m angestiegen ist.
Dann hebt der Wasserdruck den Eis-
panzer an, und 3,5 km³ Schmelzwasser
durchschnittlich fließen mit einer Ge-
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