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bekommen. Aber der eigentliche Grund seines Besuches ist die festliche Übergabe mein-
er Besteigungsurkunde. Beim ersten Blick auf diese muss ich spontan loslachen, denn ob-
wohl ich ihm meinen Namen extra aufgeschrieben hatte, strotzt dieser nur so vor Rechts-
chreibfehlern. Als ich ihn dezent darauf hinweise, ist es Gasper sichtlich peinlich und unter
seinem braunen Teint läuft er puterrot an. Er macht augenblicklich auf der Türschwelle
kehrt, entschuldigt sich dreimal für seinen Fehler und will mir sofort eine Neue ausstel-
len. Niemals. Noch bevor er im Treppenhaus verschwinden kann, rufe ich meinen Guide
schnell wieder zurück. Denn mir gefällt diese Urkunde genau deshalb. Genau wegen dieser
Fehler, die diese Urkunde so einzigartig und authentisch machen. Diese Urkunde gebe ich
nicht mehr her. Das begreift jetzt auch langsam Gasper und grinst mich verschmitzt an.
Nachdem ich mich bei Gasper nochmal dafür bedankt habe, dass er mich, allen Widrig-
keiten zum Trotz, heil in einem Stück bis auf den Gipfel und wieder zurück gebracht hat,
beschließe ich eine kleine Stadttour zu machen, um das herrliche afrikanische Winterwet-
ter in irgendeinem Café oder Restaurant ausgiebig zu genießen. Entspannt schlendere ich
durch Moshi Town . Auf den Straßen pulsiert das Leben, während ich mich im Nahkampf
an unzähligen Straßenhändlern vorbeidrängeln muss. „My friend“ tönt es aus allen Rich-
tungen. Dabei fällt mir auf, dass ich noch nie so viele angebliche Freunde hatte wie hier
in Moshi . Aber ich mag diesen engen, typisch afrikanischen Kontakt zu den Einheimis-
chen. Und mit einem freundlichen Lächeln sowie meiner Geheimwaffe „Hapana Hasante“,
was irgendwas wie „Nein, vielen Dank“ bedeutet, halte ich mir auch den hartnäckigsten
Händler vom Hals. Bekannte in Deutschland oder Leute, die ich hier kennengelernt habe
und die mir von ihren Erlebnissen in Ostafrika berichtet haben, meinten übereinstimmend,
dass man dieses Land und dessen Kultur entweder lieben oder hassen kann. Ich gehöre
eindeutig zu denen, die Afrika und davon insbesondere Kenia und Tansania, auf ewig in
ihr Herz geschlossen haben. Und auch wenn das Abenteuer Safari und das Abenteuer Kili-
mandscharo für mich an dieser Stelle endgültig vorbei sind, gilt das für mein Tansania-
Abenteuer noch lange nicht. Fünf Tage bleiben mir noch. Fünf Tage in diesem faszini-
erenden Land, in dem es viele exotische Dinge gibt, weit ab von den Touristenströmen,
die allesamt noch bestaunt und entdeckt werden wollen. Aber nur keinen Stress, den hatte
ich ja gerade in meinem Urlaub zur Genüge, bei der Besteigung dieses Sandkorns namens
Kibo in der afrikanischen Steppe. Und so bleibe ich vorerst in der populären Kiliman-
jaro Coffee Lounge hängen und suche mir draußen einen sonnigen Platz auf einer dieser
Achtzigerjahre-Sofagarnituren. Gemütlich lasse ich mich in die weichen Kissen des Sofas
sinken,streckedieBeineausundfahremitmeinenblasenverzierten Füssendurchdassatte,
grüne Gras der Kilimanjaro Coffee Lounge. Und während sich das koffeinhaltige Heiß-
getränk in meinem Bauch verteilt, lasse ich das Erlebte der letzten Tage noch mal Revue
passieren. Beiße in meinen Hamburger, der mit Abstand der schlechteste ist, den ich je ge-
gessen habe und bin glücklich.
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