Travel Reference
In-Depth Information
wollen: Gasper kann die Torte unter seinen befreundeten Guides aufteilen und ich bin noch
einmal um Haaresbreite dem „Tod durch Kuchen“ entgangen.
Während Gasper die Torte genüsslich verteilt, finde ich Zeit, um mich etwas umzublicken.
Jedoch nicht, ohne vorher noch ein kleines Video von der Essensausgabe am Uhuru Peak
zu machen, die sich mir gerade darbietet. Aufgereiht wie die Orgelpfeifen stehen die
Guides vor Gasper. Sie tanzen und singen ununterbrochen, als sich jeder von ihnen ein-
en Bissen Torte abholt. Diese Szenerie hat etwas unheimlich Natürliches in einer un-
natürlichen Umgebung. Dabei kann man sich diesen ganz eigenen Tanz und Sprechges-
ang auch ohne Weiteres mitten in der Serengeti bei einem einheimischen, traditionellen
Stammesfest rund um ein loderndes Lagerfeuer vorstellen. Eine tolle Tradition, denke ich,
und beschließe, das auch mal zurück in Deutschland in der Kantine auszuprobieren. Ein-
fach mal singend und tanzend vor dem Kantinenpersonal rumspringen. Eine Extraportion
Fleisch zum Hauptgang und ein Termin beim Psychologen zum Dessert sind mir damit
bestimmt sicher.
Der richtig entspannte Blick für die Natur fehlt, denn ich stehe immer noch ordentlich
neben mir. Das Einzige, was ich gerade noch richtig bewusst von meiner Umgebung
wahrnehme, ist ein riesiger, weißer Gletscher einige hundert Meter neben mir und das
teilweise schnee- und eisbedeckte Geröllfeld auf dem ich stehe. Ein Anblick, der mir
noch vergönnt ist und dem zukünftige Bergsteiger nur noch neidisch auf Hochglanzfotos
nachtrauernkönnen.Natürlichimmervorausgesetzt,dieschlauenGelehrtenbehaltenRecht
und das letzte bisschen Schnee und Eis haben etwa 2020 den unerbittlichen Kampf gegen
die afrikanische Sonne und die hip gewordene Klimaerwärmung verloren. Dann wird es
vorbei sein mit dem Mythos des ewigen Eises am Kilimandscharo. Ganze 70 Kilometer
entfernt, erkenne ich noch den Mount Meru . Dessen Spitze guckt wieder wie eine Insel
schüchtern aus der makellosen Wolkendecke unter mir hervor. Eine Wolkendecke, die uns
scheinbar egoistisch vom Rest der Welt abkapselt und nicht einmal für den Bruchteil einer
Sekunde den Anblick auf die weite, ungezähmte Natur Ostafrikas freigibt. Kaum vorstell-
bar, dass darunter Elefanten, Löwen, Giraffen und Co. durch die unendlichen Savannen
ziehen. Doch über mir strahlt die Sonne kräftig und ungehindert auf mich herab. Sie ran-
gelt sich mit dem azurblauen Himmel, wer den atemberaubendsten Anblick und das beste
Fotomotiv für all die Bergsteiger zu bieten hat, die sich mit mir zusammen auf den Gip-
fel getraut haben. Dabei finde ich es schon fast schade, dass ich Pfeife von Bergtourist es
nicht rechtzeitig zum Sonnenaufgang hier heraufgeschafft habe. Wenn dieses Fleckchen
Erde jetzt schon so beeindruckend ist, wie einzigartig muss es dann sein, wenn man
nachts regungslos am Gipfel in völliger Dunkelheit sitzt und wartet. Wenn man einfach
nur im jämmerlichen Lichtkegel seiner Stirnlampe darauf wartet, dass die größte Taschen-
lampe unseres Sonnensystems langsam am Horizont das Licht über Afrika anknipst. Ein
Search WWH ::




Custom Search