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Eine Landschaft für Künstler
Wiesen voll rotem Mohn, Obstgärten,
hier und da ein paar Kiefern, ein Wäld-
chen oder eine verträumte Wasser-
stelle: Am Schwielowsee, dem südlichs-
ten Zipfel der Potsdamer Seenkette
zeigt sich das Havelland von seiner be-
sonders freundlichen Seite. Schon Fon-
tane schwärmte: »… der Schwielow ist
breit, behaglich, sonnig und hat die
Gutmütigkeit aller breit angelegten
Naturen«. Die in Jahrhunderten gestal-
tete Kulturlandschaft ist gespickt mit
architektonischen Kleinoden. In Ca-
puth steht das gleichnamige Barock-
schloss, in Petzow entstanden nach Plä-
nen Schinkels die Dorfkirche und das
neugotische Schloss, von Werder winkt
die alte Bockwindmühle herüber, und
in Ferch bezaubert eine wunderschöne,
kleine Fischerkirche aus der Zeit des
Dreißigjährigen Krieges.
Kein Wunder, dass die Gegend
Landschaftsmaler seit jeher inspirierte,
die hier hinsichtlich der Motive die
Qual der Wahl haben. Die ersten ka-
men bereits vor rund 130 Jahren hier-
her. Allen voran Karl Hagemeister, der
1848 in Werder geboren wurde, an der
Freien Zeichenschule Weimar sein
Handwerk lernte und nach Stationen
in Wien, Venedig, Brüssel und den Nie-
derlanden seine Heimat wieder ent-
deckte. »Hier ist es ideal zum Land-
schaften«, fand er und begründete um
1877 in Ferch die Havelländische Ma-
lerkolonie. Ähnlich wie in Worpswede
oder Ahrenshoop zog es ihn und an-
dere Künstler aus den Ateliers hinaus
ins Freie - im direkten Kontakt mit der
Natur wollten sie sich von den Fesseln
des akademischen Kunstbetriebs be-
freien. Anfänglich waren seine Bilder
noch ganz dunkel, unter dem Eindruck
des Lichts wurden sie immer heller. Fast
impressionistisch muten schließlich
Seerosen, Birkenhaine und Wasser-
landschaften an. Zu Hagemeister ge-
sellte sich zeitweise der Wiener Maler
Carl Schuch, den er im bayerischen Hin-
tersee kennengelernt hatte. Eigentlich
galt er als Meister des Stilllebens, doch
in Ferch ließ auch er sich von der
»Landschaft ohne Nebensächlichkei-
ten« anregen und fand schließlich vom
»Landschaftsstillleben« zur »beweg-
ten Landschaft«. Zeitweise kamen Kol-
legen wie Max Liebermann oder Lovis
Corinth zu Besuch, später quartierte
sich Käthe Kollwitz in einem Anwesen
zwischen Caputh und Ferch ein. Nach-
dem Theodor von Brockhusen, der
»deutsche van Gogh«, in Baumgarten-
brück den märkischen Frühling ver-
ewigte, entdeckte schließlich Hans Wa-
cker die Gegend für sich. Spätestens
1928, als in der Potsdamer Jahresschau
der Artikel »Ferch, ein Märkisches Ma-
lerdorf« erschien, war das Künstlerdorf
ein fester Begriff.
Auf dem Kunstpfad zum Paradies
Der Kunstpfad Ferch , der auf die Spu-
ren der Freilichtmaler führt, ist gleich-
zeitig ein schöner Spazierweg am Ufer
des Schwielowsees. Blau-weiße Schil-
der weisen hier auf die vielen Häuser
hin, in denen früher die Vertreter der
Havelländischen Malerkolonie lebten
und arbeiteten. Der Weg beginnt am
nördlichen Ortseingang und führt ent-
lang der Dorfstraße an den Wirkungs-
stätten Karl Hagemeisters und Carl
Schuchs, aber auch weniger bekannter
Künstler wie E. W. Merten, Alfred Pfitz-
ner, Franz Reuter und Agnes Borges
vorbei. Über den Hohen Weg gelangt
man zum Karl-Hagemeister-Weg, wo
Hans Wacker eine besonders lange
Schaffensperiode verbrachte. Zuvor
hatte sich der 1868 in Düsseldorf ge-
borene Künstler in den Niederlanden
als Porzellanmaler betätigt und kam
erst in den 1920er-Jahren nach Ferch.
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