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6.3.2 Berechnungen bei Scherbeanspruchungen
Bei kristallinen Werkstoffen verschieben sich bei Scherbelastung jenseits der Elas-
tizitätsgrenze Kristallebenen gegeneinander. Der Zusammenhalt bleibt bis zu einem
Grenzwert, der Scher- bzw. Abscherfestigkeit, erhalten. Wird der Grenzwert über-
schritten, kommt es zur Trennung und das Werkstück wird abgeschert. Dieser Vor-
gang erzeugt einen komplizierten Spannungszustand, der in der elementaren Festig-
keitslehre nur stark vereinfacht beschrieben ist. Unter der Annahme einer gleichmä-
ßigen Verteilung der Schubspannungen (Hypothese der gleichmäßigen Spannungs-
verteilung) gilt als Spannungsgleichung für die Abscherspannung
F
Q
W
(6.27).
a
A
S
Es werden die Querkraft F Q als Belastungskennwert und die gesamte Scherfläche
A S als Querschnittskennwert verwendet. Die Abscherspannung hat die Dimension
eines Druckes. In der Formulierung Kraft pro Fläche befindet sich bei der Scherung
allerdings das Merkmal, dass die Kraft entlang der Fläche, also tangential wirkt.
Mit dieser Gleichung werden Schneidvorgänge, aber auch Niet-, feste Bolzen-
und Stiftverbindungen beurteilt. Auch bei Klebe- und Schweißverbindungen kann
mit der Zugkraft F und der Scherfläche an der Verbindungsstelle eine allgemeine
Scherspannung errechnet werden. Bei Spielpaarungen beispielsweise in Bolzenver-
bindungen und bei nicht biegesteifen Bauteilen wie bei Klebe- und Schweißverbin-
dungen darf der biegende Einfluss nicht vernachlässigt werden. Eine Berechnung
der Formänderungen wird bei Scherbeanspruchungen nicht vorgenommen, da sie
bei den in Frage kommenden Verbindungselementen nur geringe Bedeutung haben.
6.4 Modelle zur Scherbeanspruchung
Für Berechnungen mit der Finite Elemente Methode bildet die Simulierung eines
Trennvorganges ein unüberwindliches Hindernis. Ein FE-Modell lässt sich nicht tren-
nen. Dazu kommt, dass nur in einem sehr eng umgrenzten Bereich große Formände-
rungen mit örtlich hohen Werten auftreten. Die Simulation einer Schneide bedingt
den Kraftangriff auf Einzelknoten mit all den Nachteilen aus punktuell hohen Ver-
zerrungen.
Für die Modellierung ergeben sich daraus große Herausforderungen. Das FE-Netz
müsste in der Scherzone eine hohe Dichte aufweisen. Der Schervorgang sollte sich
dabei über mehrere Elemente kleinster Kantenlänge erstrecken und darf nicht nur
von einem Element getragen werden. Gleichzeitig ist der spannungsarme Teil des
Modells grober zu vernetzen, um die Elementeanzahl nicht unnötig auszuweiten.
Außerdem könnten aufgrund der großen Verschiebungswege die Verzerrungen
nicht mehr vom Ausgangsnetz ertragen werden. Erforderlich wären dann nichtline-
are Ansätze, die bei Erreichen der Grenzwerte der Netzverzerrung automatisch eine
Neuvernetzung einleiten.
Die nachfolgenden Anwendungsbeispiele beschränken sich auf einfache Ansätze
zur Simulation der Scherbeanspruchung mit dem Ziel der Beurteilung der Span-
nungsgleichung für die Abscherspannung (Gl. 6.27).
 
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