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Das Land des Ockers
schen 1910 und 1930, auf dem Höhe-
punkt der Produktion, baute man
jähr-
lich 35.000 Tonnen
des Gesteins ab.
Wegen seiner Unschädlichkeit ver-
wendete man ihn nicht nur als
Häu-
serputz
oder für
Malfarben,
sondern
auch für Backteig, Schokolade, Lip-
penrot und Make-up.
Der Boden von Roussillon war nun
durchhöhlt, und die Bewohner klagten
über den lästigen Ockerstaub, der sich
in allen Ritzen festsetzte. Vielleicht
sehnt sich aber trotzdem der eine
oder andere nach der Zeit zurück, als
es noch keine synthetischen Farbstof-
fe gab. Seit der Zeit zwischen den
Kriegen wurde deren Konkurrenz
nämlich immer drückender, sodass die
Ocker-Industrie
Roussillons in den
1950er Jahren einging und heute nur
noch Erinnerung ist.
Roussillon
‡
XI/C1
Roussillon sollte man lieber malen, als
es zu beschreiben. Man würde eine
große Farbpalette voller Ockertöne
von leuchtend-warmem Gelb bis hin
zu erdig-flammendem Rot wählen und
lauter Häuser damit kolorieren, die
sich dichtgedrängt rund um eine Kup-
pe schmiegen. Vielleicht liegt es an
der Leuchtkraft des Ockers, dass in
Roussillon nicht nur die Häuser bunter
als in der übrigen Provence erschei-
nen, sondern auch der Himmel blauer
und die Bäume grüner.
Seine Erde ist es, die Roussillon einst
reich und berühmt gemacht hat. Der
Name kommt aus dem Lateinischen,
von
viccus russulus
- „roter Berg“. Da-
bei kann das Farbspektrum des
natür-
lichen Ockers
sogar bis dunkelviolett
und grüngelb gehen, dazwischen ist
alles möglich.
Sehenswertes
Den schönsten Blick auf Roussillon
hat man von der Stelle vor dem Dorf,
wo es zur
Chaussée des Géants,
auch „Sentier des Ocres“ genannt
,
geht. Das ist der berühmte Spazier-
gang durch die alten
Ockerstein-
brüche
(Eintritt 2
⁄
, Parken im Ort
3
⁄
). Der Abbau hat merkwürdiger-
weise die Landschaft nicht verschan-
delt, sondern sie zu einer bizarren
Märchenwelt gemacht, zu „Felsen aus
Gold und Blut“. Von bestechender
Schönheit ist vor allem der Kontrast
der tiefgrünen Pinien und Sträucher
zur Wärme dieser Wüstenfarben.
Man sollte keinen Ocker mitneh-
men, dies ist strengstens verboten -
wenn jeder der unzähligen Besucher
Geschichte
Ocker, ein
mineralischer Farbstoff,
ist schon seit Urzeiten bekannt; die
Römer nutzten denjenigen von Rous-
sillon unter anderem zur
Bemalung
von Töpferwaren.
Danach geriet er
völlig in Vergessenheit, bis ein gewis-
ser
Jean-Etienne Astiers
Ende des 18. Jh.
auf eigene Faust mit dem
Ockerabbau
begann - und zunächst dafür verlacht
wurde wie alle Pioniere.
Roussillon wandelte sich jedoch
tatsächlich vom verschlafenen Dörf-
chen zu einem Industrieort und expor-
tierte Ocker nach ganz Europa. Zwi-