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Gilles am späteren Nachmittag zu be-
suchen, wenn die Sonne alle Details
ausleuchtet.) Vom eigentlichen Kloster
des heiligen Ägidius, St-Pierre et St-
Paul aus dem 8. Jh., ist nichts erhalten.
Die Krypta aus dem 11. und 12. Jh.,
eine eigene dreischiffige Unterkirche,
beherbergt das Grab des heiligen Ägi-
dius. Sie war also eine Pilgerkirche,
was ihre Größe erklärt. Das nördliche
Seitenschiff ist mit nur zwei Jochen am
kleinsten; das Hauptschiff und das
südliche Seitenschiff sind sechsjochig.
Gut sichtbar ist die Entwicklung des
Baus: Während sich in den ältesten
Teilen (südliches Seitenschiff) Tonnen-
und Kreuzgewölbe finden, bestehen
das Haupt- und das nördliche Seiten-
schiff schon aus Spitzbogen-Gewöl-
ben. Am aufwendigsten ist die Deko-
ration im Mittelschiff mit seinen Pilas-
tern und den Schlusssteinen des Ge-
wölbes, die lächelnde Christusfiguren
schmücken. Im südlichen Schiff steht
auch der Sarg des Pierre de Castelnau,
jenes päpstlichen Legaten, für dessen
Ermordung Raymond Abbitte leisten
musste.
Die Oberkirche entstand im 12. Jh.
in grandiosen Dimensionen, der Be-
deutung des Ortes entsprechend. Mit
98 Metern war sie außergewöhnlich
lang. Im 16. und 17. Jh. wurde sie in
den Religionskriegen teilweise zerstört
und dann im späten 17. Jh. wieder auf-
gebaut. Wieviel St-Gilles da schon von
seiner einstigen Bedeutung verloren
hatte, zeigen die bescheidenen Aus-
maße des Wiederaufbaus. Nicht nur
wurden die Gewölbe des Hauptschif-
fes in 18 statt vorher 25 Metern Höhe
angelegt, die gesamte Kirche erfuhr
zudem eine Verkürzung auf gut die
Hälfte ihrer früheren Länge. Die einsti-
ge Apsis, besonders prachtvoll mit fünf
Kapellen und zwei Seitenkapellen,
blieb so ganz außerhalb des Neubaus
und verfiel; der neue Abschluss ent-
stand im oberen Drittel der drei Schif-
fe. Am besten erhalten blieb die Mau-
er des nördlichen Seitenschiffes. Ihre
Dekoration erinnert an die Fassade.
Diese Westfassade ist eines der
großartigsten Zeugnisse romanischer
Bildersprache. Sie stammt wohl aus
der Zeit zwischen 1125 und 1150 und
nimmt die gesamte Westseite der
Oberkirche ein. Mit drei großen Bö-
gen, deren mittlerer am höchsten ist,
und Säulenreihen, deren Abschluss ein
waagerechter Steinbalken bildet (Ar-
chitrav), zeigt die Fassade eine klare
Gliederung. „Steinernes Buch“ hat
man es genannt, dieses imposante
Werk, in dessen Skulpturen und Orna-
menten den pilgernden Völkern, oft
des Lesens nicht mächtig, die biblische
Botschaft unmittelbar entgegentrat.
Seine überreiche Bildersprache ver-
mittelt Themen des Alten und Neuen
Testaments - zum ersten Mal begeg-
net uns eine geschlossene Umsetzung
der Passionsgeschichte in der Skulptur
- und bleibt doch tief in der Provence
verwurzelt. Ganz kennzeichnend ge-
rade für die provenzalische Romanik
ist ihre Nähe zur Antike, aber auch das
Aufgreifen heidnischer Symbole. So
Das eindrucksvolle
Portal der Kirche St-Gilles
 
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