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schließlich als Pferdestall. Und doch ist
gerade diesem „Nutzwert“ der ver-
blüffend gute Zustand der Maison
Carré zu verdanken.
spiegelt dabei den eigentlichen Mit-
telpunkt, die Maison Carré. Ob ar-
chitektonischer Frevel oder stadtpla-
nerischer Mut - darüber wird sich
gleichwohl streiten lassen.
Die Ausstattung des Carré d'Art ori-
entiert sich am Pariser Beaubourg als
Mittelpunkt moderner Stadtkultur. Das
Musée d'Art Contemporaine zählt zu
den bedeutendsten seiner Art in
Frankreich. Die Bibliothek ist auch Be-
suchern frei zugänglich, und auf der
Dachterrasse lässt sich an sonnigen Ta-
gen ein kühler Rosé genießen.
Vom Carré d'Art aus bietet sich eine
Promenade zu den Ursprüngen der
Stadt an, zum Wasser. Schon auf der
nahen Place d'Assas, in einem von
Martial Raysse entworfenen Brunnen,
erinnern Nemausus und Nemausa an
die ihnen geweihte Quelle in den be-
nachbarten Jardins de la Fontaine.
Diese herrlichen Barockgärten begin-
nen, hinter schmiedeeisernen Toren
verborgen, auf der anderen Seite des
noblen Quai de la Fontaine. Im Schat-
ten hoher Platanen erstreckt sich ein
stimmungsvolles Ensemble aus Was-
serbecken und Kanälen, geschmückt
mit barocken Vasen, Putten und Statu-
en. Das Herz der Stadt liegt hier, im
Bereich des einstigen keltischen Quell-
heiligtums.
Auch die Römer verehrten, nach-
dem sie die Kelten vertrieben hatten,
ihr Quellheiligtum und ließen ein
Nymphäum, fälschlich „Dianatem-
pel“ genannt, zurück. Der einschiffige
Raum mit Tonnengewölbe ist kunsthis-
torisch ein Vorläufer romanischer Kir-
chen in der Provence.
Maison Carré, geöffnet im Sommer 9-19
Uhr, im Winter 9-17 Uhr. Eintritt ca. 5 .
Für lässigen Umgang mit Baudenk-
mälern haben die Nîmoiser indessen
noch 1987 ein Beispiel gegeben: Zu-
gunsten des Carré d'Art rissen sie die
Ruinen des Theaters aus dem 19. Jh.
ab (und schmückten damit eine Rast-
stätte an der Autobahn nach Arles).
Dieses Theater, in dem Generationen
von Opernfreunden dem Belcanto ge-
lauscht hatten, war in den Abendstun-
den des 27. Oktober 1952 in Flammen
aufgegangen - angezündet von der
Sängerin Eva Closset, deren Neffen ein
Vertrag verweigert worden war.
30 Jahre lang blieben die Reste un-
angetastet. Still standen der leere Tem-
pel aus der Antike und die mächtige
Fassade eines einstigen Theaters ei-
nander gegenüber, säulenbewehrt,
säulenhaft erstarrt. Eine Reliquie, fast
mystisch verklärt. Als die neuen Stadt-
väter aber fanden, dass Nîmes ein Kul-
turzentrum im Stile des Pariser Centre
Pompidou gebrauchen könne, war der
Standort zu verlockend. Begleitet von
Tumulten am Tag des Baubeginns
wich die klassizistische Ruine einem
hellen, klaren und eleganten Bau von
Sir Norman Foster, dem Sieger eines
Architekturwettbewerbes. Mit ange-
deuteten Säulen zitiert die neue Fas-
sade des Carré d'Art in aller Be-
scheidenheit ihre Vorgängerin und
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