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Die Erhaltung der Energie
Erst in den fünfziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts schälte sich das heraus, was
wir heute als Erhaltungssatz der Energie kennen. Sogar das Wort »Energie« selbst,
obwohl griechischen Ursprungs, wurde in den Naturwissenschaften erst in dieser Zeit
gebräuchlich. Es hatte jedoch vom Beginn der mechanistischen Naturwissenschaft an
einen Vorläufer dieses Gesetzes gegeben, nämlich den bereits angesprochenen Erhal-
tungssatz der Bewegung oder Kraft. Allerdings beruhte dieses Gesetz ebenso wie der
Erhaltungssatz der Materie mehr auf philosophischen und theologischen Erwägungen als
auf Experiment und Beobachtung.
Für Descartes war Gott der Ursprung aller Materie und Bewegung, und da Gott und
seine Schöpfung unwandelbar sein mussten, konnte sich auch die Gesamtheit der Ma-
terie und Bewegung nicht ändern. Einzelne Teilchen konnten durch Kollision mit an-
deren Teilchen Bewegungsimpuls verlieren oder gewinnen, aber die Gesamtsumme der
Bewegung blieb unverändert. [115] Auch James Joule, der 1843 die Äquivalenz von mech-
anischer Arbeit und Wärme nachwies, berief sich auf Gott: »Die großen Wirkkräfte der
Natur sind durch Ratschluss des Schöpfers unzerstörbar … Überall da, wo mechanis-
che Kraft ausgeübt wird, wird auch ein exaktes Äquivalent an Wärme gewonnen.« [116]
Im gleichen Sinne war auch Michael Faraday überzeugt, dass Gottes Kräfte nicht ohne
einen Ausgleich vermehrt oder vermindert werden können. Er schrieb: »Das höchste Ge-
setz der physikalischen Wissenschaft, welches unsere Fähigkeiten uns wahrzunehmen
erlauben, ist die Erhaltung der Kraft.« [117]
In der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts gelangten etliche Forscher mehr
oder weniger unabhängig voneinander zu diesem Erhaltungsprinzip. [118] Es wurde sogar
eines der großen übergreifenden Prinzipien der Physik, eine Art gemeinsamer Nenner
der Überlegungen zur kinetischen Energie, potenziellen Energie, Wärmeenergie, mech-
anischen Energie, chemischen Energie, Lichtenergie, elektromagnetischen Energie und
auch der Energie lebendiger Organismen. [119] Die Arten von Energie mochten gegenein-
ander austauschbar sein, aber die Gesamtmenge an Energie musste gleich bleiben. Kon-
sequenter Ausdruck des Satzes von der Erhaltung der Energie war der erste Hauptsatz
der Thermodynamik, der besagt, dass Energie von einer Form in eine andere überführt
werden, aber weder geschaffen noch zerstört werden kann.
Lord Kelvin maß der Energie einen fundamentalen Stellenwert bei, weil sie konver-
tierbar und doch unveränderlich war und alle physikalischen Erscheinungen in ein ein-
ziges großes Gewebe von Energietransformationen einband. Auch er begründete dies let-
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