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freuen, worin der gütige Schöpfer so unerschöpfliche Weisheit seines All-Vermögens of-
fenbart«. [72]
Das war genau die Naturtheologie, die Darwin in seiner Theorie der Evolution durch
natürliche Auslese zurückwies. Mit diesem Schritt untergrub er letztlich auch die
Maschinentheorie des Lebens, wie ich weiter unten noch erörtern werde. Aber die Kon-
troverse, die er ins Rollen brachte, begleitet uns bis heute, und ihre neueste Inkarnation
wird Intelligent Design genannt. Die Anhänger dieser Bewegung versteifen sich auf die
Tatsache, dass es schwierig bis unmöglich ist, das Auge der Wirbeltiere oder die Geißeln
von Einzellern als Ergebnis einer Reihe von Zufallsmutationen im Zusammenwirken mit
der natürlichen Auslese zu erklären. In komplexen Strukturen und Organen, so argu-
mentieren sie, ist deshalb ein so fein abgestimmtes Zusammenspiel vieler Komponenten
zu erkennen, weil sie sich einem kreativen, intelligenten Design verdanken. Die Frage,
wer der Designer ist, bleibt offen, [73] aber es kann wohl nur Gott sein.
Wenn man von einem Design - einem Plan oder Entwurf, also von einer gezielten Kon-
struktion - ausgeht, ist man gezwungen, einen Designer anzunehmen, also einen Geist,
der von außen wirkt. Menschen entwerfen Maschinen, Gebäude und Kunstwerke. So
muss auch der Gott der mechanistischen Theologie, der Intelligente Designer, die Lebe-
wesen in allen Einzelheiten entworfen haben.
Aber Zufall und äußere Intelligenz sind nicht die einzigen Möglichkeiten. Lebewesen
könnten ihre eigene Kreativität besitzen, wie wir es für uns auch in Anspruch nehmen.
Wenn wir einen Einfall haben oder auf eine neue Methode kommen, entwerfen wir ja
nicht erst einmal eine Idee, die wir dann unserem Geist eingeben. Ein Einfall kommt
einfach und niemand weiß, wie oder weshalb. Menschen besitzen von Natur aus diese
Kreativität, und so könnte in allen Lebewesen etwas Schöpferisches liegen, das sich auf
diese oder jene Weise im Kleinen oder Großen bekundet. Maschinen brauchen Konstruk-
teure außerhalb ihrer selbst, Organismen nicht.
Im Übrigen entspringt der Glaube an ein göttliches Design aller Pflanzen und Tiere
nicht der christlichen Überlieferung, sondern der Naturwissenschaft des siebzehnten
Jahrhunderts. Er steht sogar im Widerspruch zum biblischen Bericht von der Erschaffung
des Lebens in der Genesis. Da werden Tiere und Pflanzen keineswegs als Maschinen
dargestellt, sondern als vermehrungsfähige Organismen, die der Erde und dem Meer
entsprangen, etwa im elften Vers des ersten Kapitels: »Und Gott sprach: Es lasse die
Erde aufgehen Gras und Kraut, das sich besame, und die fruchtbaren Bäume, da ein jeg-
licher nach seiner Art Frucht trage und habe seinen eigenen Samen bei sich selbst auf
Erden.« In Vers 24 hören wir weiter: »Und Gott sprach: Die Erde bringe hervor lebendige
Tiere, ein jegliches nach seiner Art: Vieh, Gewürm und Tiere auf Erden, ein jegliches
nach seiner Art.« In der Theologensprache ausgedrückt handelt es sich hier um »mittel-
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