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Materiemodell wird bereits im 18. Jahrhundert zur Erklärung
des Mikrokosmos herangezogen. So besteht Materie nach
dem kroatischen Physiker Boskovic (1711-1787) aus identi-
schen Punkten ohne Ausdehnung (,Atomen' bzw. ,Monaden'),
die keine weiteren Eigenschaften besitzen außer Trägheit und
der Fähigkeit gegenseitiger Wechselwirkung durch Kräfte, de-
ren Qualität vom Abstand abhängt. Die Kraft zwischen zwei
Partikeln wird durch eine stetige Funktion des Abstandes be-
schrieben, die bei sehr kurzen Abständen im atomaren Bereich
zu einer unendlichen Repulsion tendiert, bei wachsendem Ab-
stand abwechselnd repulsiv und attraktiv wird und schließlich
bei makroskopischen Körpern in ein Attraktionsgesetz nach
dem Muster von Newtons Gravitationsgesetz übergeht. Dieser
Ansatz wird von Kant in der Materietheorie seiner Metaphy-
sischen Anfangsgründe der Naturwissenschaften (1786) weiter-
verfolgt. So lehnt Kant die Annahme von Punktsingularitäten
wie die ,Monaden' à la Boskovic als Träger von Kraftwirkungen
ab und definiert Materie als stetiges dynamisches Kraftfeld,
dessen Stabilität durch das Gleichgewicht zwischen anziehen-
den und abstoßenden Kräften garantiert ist.
Die Wende vom mechanistischen Atomismus zur dynami-
schen Feldtheorie wird durch physikalische Entwicklungen
des 18. und 19. Jahrhunderts begünstigt. 6 So beschreibt be-
reits Euler seine Hydrodynamik als eine Feldtheorie, wobei
die Bewegungsfelder einer Flüssigkeit durch die Geschwindig-
keiten der Flüssigkeit in jedem Punkt bestimmt und insgesamt
durch partielle Differentialgleichungen beschrieben werden.
Die Standardmethoden zur Lösung solcher Gleichungen liefert
die Potentialtheorie mit ihren Verfahren zur Berechnung von
Feldern und Potentialen. So konnte auch Newtons ominöse
Annahme von Fernkräften zwischen Massen im leeren Raum
durch Gravitationsfelder ersetzt werden. Nach der Potential-
theorie genügt die Kenntnis der jeweiligen Massen Verteilung,
um eine Gravitationskraft zu berechnen, die auf einen Körper
im Gravitationsfeld dieser Massen wirkt.
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