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England. Dort besuchte er eine Privatschule, studierte Verwaltungswesen, absolvierte eine
Ausbildung auf der Königlichen Militärakademie in Sandhurst und diente sechs Monate
bei der britischen Rheinarmee in Deutschland. Nach seiner Rückkehr in den Oman lebte er
mehrere Jahre in Salalah, wo er sich ausgiebig mit dem Studium des Islam und der Historie
seines Landes beschäftigte. 1970 drang er mit einigen englischen Offizieren in die Privat-
gemächer seines Vaters vor und entmachtete den alten Sultan. Dabei kam es zum Handge-
menge. Der Vater schoss sich selbst ins Bein, ehe er widerwillig die Abdankungsurkunde
zugunsten seines Sohnes unterschrieb. Anschließend wurde der abgesetzte Despot in ein
Flugzeug verfrachtet und nach England in ein Krankenhaus gebracht. Zwei Jahre später
starb er im Exil.
Sein Sohn Qabus, der im Palast des Vaters versteckte Gelder in immenser Höhe fand,
die der alte Sultan für Erdöllieferungen bekam, hatte indessen die Regierungsgeschäfte im
Oman übernommen. Mit seinem unermesslichen Reichtum führte er sein Volk innerhalb
von 40 Jahren aus dem Mittelalter ins 20. Jahrhundert. Eine Aufbauleistung ohnegleichen.
Es war die schnellste wirtschaftliche Entwicklung und Modernisierung eines Landes, die
es je gegeben hat. Qabus ibn Said hob alle unnötigen Bestimmungen und Gesetze auf,
schaffte die Sklaverei ab, ließ neue Ölfelder erschließen sowie Straßen, Schulen und eine
Universität bauen. Es entstanden Krankenhäuser und Hunderte von Arztpraxen. Zudem
garantierte der Sultan jedem Omani kostenlose Gesundheitsvorsorge, schenkte vielen Fis-
chern ein Boot und ein Auto, damit sie ihren Beruf ausüben konnten. Und von allen Stud-
ierenden im Land sind bisweilen zwei Drittel Frauen. Diese kleiden sich zwar noch nach
alter Tradition in Schwarz, doch nur wenige verbergen ihr Gesicht hinter einer Maske oder
einem Schleier.
In gerade mal vier Jahrzehnten hat das Sultanat Oman ein völlig neues Antlitz bekom-
men. Wie in einem Fahrstuhl ist dieses Land aus dem Mittelalter in die Gegenwart
gerauscht. Und nichts erinnert heute mehr an die finsteren Jahre früherer Schrecken-
sherrschaft. Entbehrungen und Not sind vergessen. Stattdessen ist ein islamischer Muster-
staat entstanden, der sich westlichen Einflüssen geöffnet hat, ohne seine traditionelle Ei-
genständigkeit zu verlieren.
Nach einigen Tagen in Maskat fuhr ich in den Osten des Oman. Ein überaus freundlicher
und redseliger Omani chauffierte mich im Geländewagen in die Region Sharqiyah, wo sich
die Wahiba Sands erstrecken. Ein Meer aus Sand, in dem sich Kämme und Täler wie auf
einem Ozean gestalteten. Dazwischen ein paar breite, ebene Flächen und Wadiläufe mit
mehlfeinen Sandpisten, die in Nord-Süd-Richtung verlaufen und mir den Weg durch die
Wahiba Sands wiesen.
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