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Sturm zu, etwa auf 9 oder 10, nahm ich die Sturmfock weg und versuchte mit dem Rest
Großsegel die Position zu halten. Bei Orkan über 11 Beaufort nahm ich auch den allerlet-
zten Fetzen Segel weg und versuchte es mit Ablaufen.
Man muss das Wasser schon sehr mögen, um nach jedem Sturm erneut auf Kurs zu ge-
hen und nicht den nächstliegenden Hafen anzusteuern. Trotzdem war ich der tristen An-
blicke, die mir die Seekarte (dürftiges Vorankommen) und das Meer boten, überdrüssig und
hing mal wieder meinen Erinnerungen nach. Ob ich wollte oder nicht, die Rückblende an
eine große Stille ließ sich nicht aufhalten.
Nach einem Monat Unterwegssein saß ich mit KATHENA NUI an einem frühen September-
morgen in den Mallungen am Äquator fest. Peng. Aus war's mit dem schnellen Segeln. Es
wurde schwachwindig, und die Segel schlugen in der Dünung. Von schönen sechs Knoten
Fahrt plumpsten wir förmlich innerhalb von zwei Stunden hinein in die große Flaute auf
null Knoten.
Eine ganze Woche am Stück herrschte weitgehend Windstille. Die Dünung ließ den Mast
durch den Himmel jagen. Um ihm mehr Halt zu geben, ließ ich das Großsegel mit zwei
Reffs stehen. Es knirschte an Bord. Taue und Blöcke schlugen wie wild um sich. Ich musste
mich beim Gang über Deck sogar festhalten, dermaßen stark rollte mein Boot.
Kleine Windkunde: Die Zone der Mallungen, auch Doldrums und Kalmen genannt, nim-
mt das Gebiet zwischen dem Nordost- und Südostpassat ein. Fester Luftdruck mit un-
beständigen Winden oder längeren Windstillen, starke Bewölkung, viel Regen, heftigste
Gewitter sind die Folge der wasserdampfreichen Luft, die hier durch die beiden Passate
zusammengeführt wird. Die normale Ausdehnung der Mallungen (altdeutsch und ein
schönes Wort) im Atlantik beträgt 300 Seemeilen, im Mittel zwischen dem Äquator und
zehn Grad Nord.
Die Dünung verebbte langsam. Blauer Himmel knallte auf blaues Wasser. Stille. Ein Ge-
fühl von Aufatmen stellte sich ein, denn der Passat (noch ein schönes Wort) zuvor war sehr
rabiat gewesen mit weißen Kämmen, sandigem Wüstenwind und viel Nässe.
Etmale waren trotz Stille noch vorhanden. Mit schwachen Tagesdistanzen von 20,
42, 28 … arbeiteten wir uns voran. Diese Seemeilen waren nur mit Schweiß und
Aufmerksamkeit zu bewältigen.
Windstille in den Tropen bedeutet, das Thermometer steigt und damit auch der Durst.
Obendrein gab es keine Kühlmöglichkeit an Bord. Alles war lauwarm. Ich blieb dennoch
aktiv: Segel hoch, bergen, einreffen, ausreffen, ausbaumen, Segel einsacken. - Nicht
genug, ich setzte fort: Beiboot auspacken, Boden einlegen, es zu Wasser lassen, wegpad-
deln. Ich machte mir tatsächlich bei 35 Grad Celsius die Mühe, mit dem Dingi eine weite
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