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Den Sand lieben und mit dem
Wind wandern
Achill Moser
Jeder von uns bewahrt mehr oder weniger verborgen eine
Sehnsucht nach dem Nomadenleben.
Michel Butor
Als ich fünfzehn war, wollte ich zum Mare Tranquilitatis. Ein lateinischer Name, der soviel
wie »Meer der Ruhe« bedeutet. Ein Meer ohne Wasser, deren steinerne Wellen von einem
nicht vorhandenen Wind aufgekräuselt wirken. Von diesem Mare Tranquilitatis träumte und
schwärmte ich, sodass mich meine Freunde zuweilen für total verrückt hielten. Und recht
hatten sie, denn der Haken war, dass das Mare Tranquilitatis ein Mondmeer ist auf dem
Erdtrabanten, das sich auf den selenographischen Koordinaten 8° 30' N 31° 24' E befindet.
Eine lebensfeindliche Region, die in Äquatornähe des Mondes liegt, der seit Tausenden Mil-
lionen Jahren ein toter Trabant ist.
Ohne einen Tropfen Wasser, ohne Pflanzen, ohne Menschen und ohne Tiere ist das Mare
Tranquilitatis ein wüstes Meer, das einen mittleren Durchmesser von 873 Kilometern hat.
Dort, inmitten einer relativ ebenen Oberfläche, landete am 20. Juli 1969 die erste bemannte
Mondfähre von Apollo 11. Wie eine überdimensionale Spinne wirkte die in einer Prismen-
form gebaute Landefähre Eagle mit ihren vier Teleskopbeinen. Als sie mit den amerikanis-
chen Astronauten Neil Armstrong und Edwin Aldrin sanft auf der Mondoberfläche aufset-
zte, wirbelte sie Milliarden Jahre alten Wüstenstaub auf, während Michael Collins an Bord
des Mutterschiffes Columbia blieb und den Mond umkreiste. Aus den Sichtluken des Raum-
schiffs behielt er den Erdtrabanten im Blick, wo die Sonneneinstrahlung, durch keinerlei At-
mosphäre gefiltert, auf über 100 Grad Celsius steigt, während die Temperatur auf der Schat-
tenseite des Mondes auf mehr als 200 Grad unter null fällt.
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