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bitter schmeckenden Pflanzen und behalten ein Knäuel stundenlang in ihren Backen. Oder
sie brauen einen Tee, den sie Maté de Coca nennen. Es unterdrückt Hunger und Höhen-
krankheit, lindert Magenschmerzen, erleichtert Geburten (obwohl keiner von uns in den
kommenden vier Tagen ein Kind erwartete) und liefert Energie.
Man sagt, dass Inka-Boten, die diese Blätter kauten, an einem Tag 150 Meilen laufen kon-
nten. Es macht einen allerdings nicht high - es sei denn, man kaut rund eine Tonne un-
verarbeiteter Blätter. Der Weg war wunderschön. Wir wanderten über alpine Pässe, über
Weiden und durch Nebelwälder, auf Steinpfaden, die die Inka selbst gebaut hatten, einsch-
ließlich Tunnel und Treppen. Wir kamen an isolierten Ruinen vorbei - einsamen Festungen
und treppenartigen Terrassen. Eine war beeindruckender als die andere - sie schienen so
angelegt zu sein, dass sie im Machu Picchu als Höhepunkt gipfelten.
Wir campierten allein, neben zerstörten Festungen an nebligen Berghängen. Mark verwöh-
nte uns mit ständigen Wiedergaben der Rocky Horror Show und hundert Versionen von
„My Way“. Auch acht Stunden ständigen Regens am zweiten Tag konnten unsere Laune
nicht aufweichen. Mark schaltete auf „Singin in the Rain“ um. Der Regen durchnässte
aber alles andere, da weder Mark noch Melissa ihre Rucksäcke richtig gepackt hatten. Wir
reichten meine Ersatzklamotten herum.
„Was ist nochmal am Ende dieser Tour?“, fragte Melissa, während wir zuhörten, wie der
Regen auf das Zeltdach trommelte. Sie war wahrscheinlich die einzige Person in Peru, die
nie vom Machu Picchu gehört hatte. „Du wirst die Überraschung mehr genießen, wenn ich
es dir nicht sage.“
Melissas permanente Unfähigkeit, irgendetwas darüber herauszufinden, wohin wir gingen,
hatte Methode. Melissa setzte ihr Vertrauen in andere Menschen. Sie hatte sich an Peter
gebunden, da sie seine Talente als Lehrer erkannt hatte. Sie vertraute mir als Führer. Egal,
wie oft ich ihr den Lonely Planet vor die Nase setzte - er blieb ungelesen.
„Wenn du sagst, dass es gut ist, glaube ich das auch“, sagte sie. „Aber du kannst doch nicht
einfach immer auf mich vertrauen“, protestierte ich. Der Gedanke, einfach dem Wort eines
anderen zu vertrauen, anstatt es mit jedem Reiseführer zu vergleichen, der seit 1932 veröf-
fentlicht wurde, jagte mir Schrecken ein.
Für Melissa hingegen gab es keine Enttäuschungen, weil sie keine Erwartungen hatte. Es
war eine großartige Weise zu reisen, und ich war auch etwas neidisch. Ihre Begeisterung
für jede neue Entdeckung war so echt und ansteckend, dass sie dadurch auch für mich noch
aufregender wurde. Melissa und ich ergänzten uns zu einer vollständigen Person. Ich bra-
chte uns an die richtigen Orte, während Melissa mit ihrer temperamentvollen und warmen
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