Travel Reference
In-Depth Information
Wir verließen Quito. Die Nacht brach mit tropischer Plötzlichkeit herein und schaltete in-
nerhalb von zehn Minuten vom grellen Licht des Hochgebirges zu völliger Schwärze. Zehn
Minuten nachdem wir den Terminal verlassen hatten, war es dunkel. Wir überquerten einen
niedrigen Pass in den westlichen Kordilleren, von wo aus die Straße sich bergab zur Küste
schlängelte. Sie wand sich und fiel steil ab, aber nicht nur für ein paar Minuten oder eine
halbe Stunde, sondern immer weiter die ganze Nacht hindurch. Der Bus fuhr unablässig
im ersten oder zweiten Gang, während der Fahrer vorsichtig um endlose Haarnadelkurven
navigierte. Ich mühte mich vergeblich ab, um eine Position zu finden, in der ich meinen
Kopf anlehnen konnte, ohne dass meine Schläfe bei jedem Stoß von einer rostigen Blech-
spitze durchbohrt wurde, die aus dem Fensterrahmen hervorstand.
Irgendwann nach Mitternacht hielten wir vor einem riesigen Open-Air-Restaurant. Das
gemäßigte kühle Klima Quitos war verschwunden; die Luft war warm, feucht und tropisch,
obwohl es mitten in der Nacht war. Auf der linken Seite plärrte ein gewaltiger Lautsprecher
Criollo Pop und Salsa über einer Menge smart gekleideter Tänzer, die den Sand auf dem
staubigen Parkplatz aufwirbelten. Ich sah ihnen zu, während unser Fahrer seine Mahlzeit
aß. Am folgenden Morgen erwachten wir bei schwüler Luft inmitten von Bananenplanta-
gen. Immerhin ist Ecuador Südamerikas ursprüngliche „Bananen-Republik“. Riesige Ge-
biete des küstennahen Tieflands werden für die Produktion dieser Obstsorte genutzt, das
vor allem für den Export produziert wird. Bis 1973, als sie vom Öl abgelöst wurde, war
die Banane sogar die Hauptdevisenquelle des Landes gewesen. Mit ihren mannsgroßen
Blättern, Stauden unreifer grüner Früchte und dramatischen violetten Knospen engten diese
Pflanzen die schmale Straße ein und streiften mit ihren Blättern an den Seiten des Busses
entlang.
Der Löffel
Am mittleren Vormittag erreichten wir die kleine Grenzstadt Aguas Verdes. Wir fanden
die ecuadorianische Passbehörde versteckt in einer kleinen Gasse und holten uns unsere
Stempel ab. „Werft jetzt das Dope weg“, sagte ich. Mark und Melissa sahen mich mit be-
dauernden Minen an. „OK, dann raucht es. Aber beeilt euch, die Grenze schließt zur Mit-
tagszeit.“
Wir zogen uns in eine Gasse zurück, wo ich sie zwang, einen Joint nach dem anderen
zu rauchen, bis das Dope weg war. Ich rauchte nichts. Ich habe nun einmal ein Problem
mit Drogen an Grenzen. Die Grenze verlief genau in der Mitte eines lauten, hektischen
Marktes. Hier an der Küste trugen die Männer Jeans und T-Shirts und die Frauen leichte
Search WWH ::




Custom Search