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durch ein enthusiastisches zwanzigjähriges Babygesicht ersetzt, das unbedingt jedem zei-
gen wollte, wer hier das Sagen hatte. Der neue Jefe ritt auf seinem Pferd nach Arrecifes
hinein und verhaftete Lionel, weil er einen Joint geraucht hatte. Der andere Bulle zuckte
entschuldigend mit den Schultern, als der übereifrige junge Kerl Lionel wegführte, ohne
ihm überhaupt Gelegenheit zu geben, seine Schuhe zu holen, und ihn nach Santa Marta
fuhr, um ihn ins Gefängnis zu werfen.
Zum Nachteil für den jungen Jefe , aber zu Lionels Glück war es der Tag der allgemeinen
kolumbianischen Wahlen. Während der letzten Wahlen waren hunderte Menschen ermor-
det worden, sodass der Polizeichef von Santa Marta verständlicherweise beschäftigt war.
Er fragte den El Jefe , warum zur Hölle er damit seine Zeit verschwendete - am angespan-
ntesten Tag seit vier Jahren. Der Manager des Miramar kam und holte ihn gegen Kaution
raus. Zufällig verlief die Wahl ohne Gewalt (ein kleines Wunder in Kolumbien) und wurde
von Ernesto Samper, einem Liberalen, gewonnen. Bald musste Samper um sein politisches
Überleben kämpfen, da man mutmaßte, dass seine Wahlkampagne vom Cali-Drogenkartell
riesige Spenden erhalten hatte.
Als Lionel nach Arrecifes zurückkehrte, jagte ihn der sturzbetrunkene Besitzer des
Arrecifes-Restaurants (der gerade erst von seiner Frau verlassen worden war) mit einer Ma-
chete durch die Gegend - weil Lionel am Vortag zufällig mit dessen Frau gesprochen hatte.
Phillipe
El Jefe war nicht bereit, nachzugeben. Ein paar Nächte später startete er eine Razzia in
Phillipes Camp.
Phillipe, sowie ein junger Schweizer mit Dreadlocks namens Christian und ein Quartett
französischer und italienischer Reisender waren die anderen Langzeit-Camper. Als wir
ankamen, waren sie schon seit zwei Monaten dagewesen. (Für uns war es einfach Phillipes
Camp, weil wir Phillipe vorher schon in San Agustín getroffen hatten, wo es sich wiederum
herausgestellt hatte, dass er gerade erst einen Monat mit Mark in Vilcabamba in Ecuador
verbracht hatte.) In Phillipes Camp wurde nicht allzu viel gefischt, aber dafür umso mehr
gekokst, gekifft und relaxed. Eines Abends, als sie genau damit beschäftigt waren, ritten
zwei Polizeibeamte auf Pferden durch die Bäume direkt in ihr Camp - zu schnell, um die
kompromittierenden Beweise rechtzeitig verschwinden zu lassen.
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