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die Kontrolle über ihre Partei zu verlieren; deshalb legten sie hastig ihre Konflikte mit
den Konservativen bei und bildeten mit ihnen die „Nationale Front“, ein Arrangement
zur gemeinschaftlichen Ausübung der Macht, das von 1957-1986 dauerte (obwohl es of-
fiziell1974 beendet wurde). Die radikaleren Anhänger der Liberalen konnten aber nicht
akzeptieren, dass sie umsonst zu Tausenden gestorben waren. So entstand die Guerilla-
Bewegung.
Kolumbien besteht aus isolierten Teilen, weshalb sich auch die Guerilla-Bewegung in ver-
schiedene Teile aufspaltet. Es gibt die M-19, die Maoistische EPL (Ejército Popular de
Liberación), die marxistisch-christliche ELN (Ejército de Liberación Nacional) und die
FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia); die FARC ist mit geschätzten
12000-17000 Kämpfern die größte Gruppe. Die Guerillas greifen nur selten Touristen oder
„Zivilisten“ an; sie bevorzugen „strategische“ Ziele wie Armee-Einheiten, Bohrtürme
oder Geschäftsleute. Sie finanzieren sich zunehmend durch Drogenhandel (der nach
Ansicht vieler Beobachter allmählich ihre politischen Ziele ersetzt), haben sich zu sehr
in regionalen Hochburgen verschanzt, um leicht besiegbar zu sein, und sind andererseits
auch zu zersplittert, um den Staat ernstlich zu bedrohen.
Das Schreckgespenst des Terrorismus dient aber auch als Vorwand für entsetzliche
Menschenrechtsverletzungen. Todeskommandos der Armee, bzw. solche, die von der
Armee unterstützt werden, töten pro Jahr in Kolumbien mehr Menschen als das Pinochet-
Regime in Chile in den gesamten 17 Jahren seiner Diktatur. In einem Bericht der Vereinten
Nationen aus dem Jahre 1996 wird Kolumbien als „ein Land des Mordens und der Folter“
beschrieben, „in dem die Armee Zivilisten willkürlich tötet“.
1986 stimmte die FARC einem Waffenstillstand zu und gründete die Uníon Patriótica (UP),
die 14 Sitze im Nationalkongress gewann.
Von diesen 14 Kongressabgeordneten wurden vier schon im ersten Jahr ihrer Amtszeit
getötet. Bis heute sind über 2500 Mitglieder der UP ermordet worden, einschließlich eini-
ger Präsidentschaftskandidaten. 33
---33 Die CUT (das ist der Dachverband der Gewerkschaften Kolumbiens) berichtete, dass in demselben Zeitraum 1542
Gewerkschaftler ermordet wurden, ohne dass auch nur ein einziger ihrer Mörder verurteilt wurde. Das Commitee to Pro-
tect Journalists stuft Kolumbien als weltweit gefährlichstes Land für Nachrichtenreporter ein. In zwei Jahrzehnten wur-
den hier 98 Journalisten getötet.
Ich habe mich manchmal gefragt, warum die Menschen in den meisten lateinamerikanis-
chen Ländern - die heute doch eigentlich „demokratisch“ sind - keine Parteien ins Par-
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