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lament wählen, die die armen / indianischen Mehrheiten repräsentieren. Die Geschichte
der UP zeigt, woran das liegt: Versuche, die herrschende Elite an der Wahlurne ernsthaft
herauszufordern, werden mit Gewalt erwidert. Man muss schon sehr mutig sein, um sich
von einer Partei wie der UP aufstellen zu lassen. (Oder auch nur, um eine solche Partei zu
wählen - denn nur wenige Menschen glauben, dass ihre Stimme wirklich geheim bleibt.)
Gewalt stützt noch heute die Machtstruktur in Lateinamerika, wie das seit der Eroberung
immer schon gewesen ist.
Hans, Fritz und Siebzig
In unserem Hotel begann ich, meinen Poncho aus alten Armeebeständen weiß anzumalen,
damit mich die Guerrilleros nicht irrtümlich für einen Soldaten hielten. Ich hatte ein
großes, weißes Peace-Zeichen auf den Rücken gemalt und versuchte gerade, Melissa (und
mir selbst) einzureden, dass unsere Chancen, Guerrilleros über den Weg zu laufen, ziem-
lich schlecht standen, als acht riesige Österreicher hereinkamen. Sie waren alle um die 1,95
Meter groß und wurden von einer winzigen kolumbianischen Frau geführt, die Melissa
kaum an die Schulter reichte.
Die Österreicher waren mit teuren Gore-Tex-Jacken ausgestattet und trugen bunte Fleece-
Pullover, als wenn wir in einem europäischen Skigebiet wären. Da wir die einzigen anderen
Gäste im Hotel waren, stellte sich die Frau vor. Sie hieß Gloria. Sie sagte, sie würde die
Österreicher zum höchsten Gipfel der Bergkette führen, dem Ritacuba Blanco, und lud uns
ein, sie zu begleiten.
Die Österreicher waren ein Wanderverein für ältere Menschen. In Österreich gingen sie
jedes Wochenende wandern; dies war ihre jährliche Übersee-Tour. Eine abenteuerliche
Wahl. Sie stellten sich vor. „Ich bin Thomas, und des iss Hans und des iss Fritz …“ Ich
hatte nicht erwartet, dass Österreicher tatsächlich Namen wie „Hans“ und „Fritz“ hatten.
Ich wartete gerade darauf, dass er so etwas wie „Achtung!“ und „englischer Schweine-
hund“ sagte, aber stattdessen stellte er das letzte Mitglied der Gruppe vor. „… und der ist
Siebzig.“
Er sagte es, als wenn es sein Name wäre. Siebzig bestätigte es uns. „Ja, ich bin siebzig“,
lächelte er. Siebzig erklärte, dass er sich jedes Jahrzehnt eine besondere Herausforderung
vornahm. Mit sechzig hatte er einen 7000er im Himalaya bestiegen. An seinem siebzigsten
Geburtstag legte er die Latte etwas niedriger, denn der Ritacuba Blanco, der höchste Gipfel
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