Travel Reference
In-Depth Information
Auwald und immer war die Sonne mit von der Partie. Die wenigen Steigungen war-
en eher ein sportliches Vergnügen gewesen als eine Anstrengung. Eine echte Ju-
belstrecke, wie ich später solche Abschnitte meiner Fahrt nennen sollte.
Und nun hockte ich vor dieser blöden Tasche und zermarterte mein technisch
unterentwickeltes Hirn nach einer Lösung zur Behebung dieses unerwarteten
Schadens. Die fand sich dann in einem Stück Bindfaden, dass ich mühselig durch
das Bolzenloch fädelte, um damit die Tasche am Gepäckträger mit vielen Knoten
und noch mehr Hoffnung zu sichern.
Ich kam heil in Marburg an, wo ich an der jetzt breiteren und eiligeren Lahn
entlang zum Campingplatz gelangte. Der Platz zog sich lang hin und war kilomet-
erlang mit Wohnwagen besetzt. Am seinem Ende lag eine kreisrunde Zeltwiese.
Sie füllte sich zusehends, während ich mein Zelt aufbaute. Die Leute kamen mit
Autos oder Motorrädern und luden kistenweise Bier ab. Es würde heiß werden
über Pfingsten hatte der Wetterdienst angekündigt.
Ich fuhr zum Einkaufen mit dem Fahrrad in die Stadt. Marburg gefiel mir.
Schon der Weg zur Stadt zwischen Lahn Schwimmbad und Sportgelände bot im-
mer wieder einem hübschen Blick durchs Buschwerk zum anderen Ufer auf ro-
mantische alte Häuser. Unterhalb der Altstadt fand ich in einer der modernen
Einkaufstraßen einen gut ausgestatteten Supermarkt. Es dauerte einige Zeit, das
Sortiment zu prüfen. Dabei fiel mir ein baumlanger Holländer auf, den ich wegen
seines schlohweißen Haares und seines riesigen martialischen Schnauzbartes im
Stillen den Oberst nannte. Natürlich war er mit dem Wohnwagen unterwegs. Auf
dem Campingplatz sah ich ihn später vor einem Caravan sitzen und er erkannte
mich auch.
In der Mitte der Zeltwiese stand ein Tisch mit zwei Bänken. Von dort aus konnte
ich das Landgräfliche Schloss hoch über der Stadt sehen und dort wollte ich auch
tafeln. Wem Übles widerfahren ist, hat eine gute Mahlzeit verdient. Es gab ger-
äucherte Putenbrust, grünen Salat, Vollkornbrötchen und Radler aus der Dose.
Später als die grünen Büsche, die den Platz zur Lahn hin begrenzten sich zu
einer filigranen schwarzen Wand färbten, erleuchteten Scheinwerfer das Land-
grafenschloss vor dem noch hellen Himmel. So ein Anblick, nach einem guten
Essen, an einem lauen Sommerabend genossen, versöhnt nicht nur mit den Un-
zulänglichkeiten dieser Welt. Er macht glücklich.
Search WWH ::




Custom Search