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vom Klassizismus in Schinkels Werk ist die Friedrichswerdersche Kirche: Hier ließ er
sich von der Neugotik inspirieren, die im frühen 19. Jh. in England entstand.
Nach Schinkels Tod 1841 erhielten einige seiner Schüler seinen Stil am Leben, allen
voran Friedrich August Stüler: Er baute das Neue Museum und die Alte Nationalgaler-
ie auf der Museumsinsel sowie die Matthäuskirche am heutigen Kulturforum.
Es ist heute nur noch schwer vorstellbar, wie Berlin vor dem Zweiten
Weltkrieg aussah. Dabei hilft jedoch Nick Gay's Buch Berlin Then and
Now, das schön übersichtlich historische und aktuelle Fotos von wichti-
gen Wahrzeichen, Straßen und Plätzen gegenüberstellt.
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WOHNRAUM FÜR DIE MASSEN
In seinem Buch Das Steinerne Berlin von 1930 bezeichnet Werner Hegemann Berlin
treffend als „größte Mietskasernenstadt der Welt“. Der Beginn der Industrialisierung
Mitte des 19. Jhs. lockte Hunderttausende in die Hauptstadt, die hofften, in den Fab-
riken ihr Los zu verbessern. Etwas musste geschehen, um die Infrastruktur der Stadt
aufzumöbeln und billige Unterkünfte für die Massen zu schaffen, und zwar schnell.
1862 wurde ein Bebauungsplan zur Stadterweiterung vorgelegt, für den Stadtbaurat
James Hobrecht verantwortlich zeichnete. Er sah zwei Ringstraßen vor sowie Ausfall-
straßen, die vom Zentrum in alle Richtungen führten - wie die Speichen eines Rads.
Die Grundstücke zwischen den Straßen wurden in große Parzellen unterteilt und an
Spekulanten und Bauunternehmer verkauft. Die Bauvorschriften sahen eine Traufhöhe
von maximal 22 m vor (was etwa fünf Stockwerken entspricht) und eine Mindestgröße
der Innenhöfe von 5,34 m mal 5,34 m, gerade groß genug, dass sich Feuerwehrwagen
darin bewegen konnten.
Die laschen Vorschriften führten zum unkontrollierten Bau verschachtelter Miet-
skasernen in neu geschaffenen Randbezirken wie Prenzlauer Berg, Kreuzberg, Wed-
ding und Friedrichshain. Die Gebäude bildeten ein einziges gewaltiges „Berliner Kar-
ree“, das aus Vorderhaus, Hinter- und Seitenhäusern mit mehreren Höfen bestand.
Jedes war so konstruiert, dass möglichst viele Menschen auf möglichst kleinem Raum
darin eingepfercht werden konnten. Die Lebensbedingungen waren unmenschlich:
Ganze Familien drängten sich in winzigen, lichtlosen Wohnungen und teilten sich die
Außenklos auf halber Treppe. Viele Wohnungen waren auch gleichzeitig Werkstatt
 
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