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oder Nähstube. Nur jene im Vorderhaus hatten Licht, Raum und Balkone - und sie war-
en für das Bürgertum reserviert.
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DAS KAISERREICH
Der Architekturstil, der nach Gründung des Deutschen Reichs 1871 in Mode kam, re-
flektierte das Repräsentationsbedürfnis eines vereinten Deutschlands und neigte zum
Pompösen. Ein neuer Stil als solcher entstand nicht, da die Architekten lediglich
frühere Stile kopierten (z. B. Romanik, Renaissance, Barock, manchmal auch alle
zusammen) und somit den Historismus bzw. Wilhelminismus, nach Kaiser Wilhelm I.,
schufen. Deswegen sehen viele Gebäude in Berlin sehr viel älter aus, als sie eigentlich
sind. Bekannte Beispiele sind der Reichstag von Paul Wallot und der Berliner Dom
von Julius Raschdorff, beide im Stil der Neorenaissance, Franz Schwechtens Anhalter
Bahnhof und die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche (heute Ruinen), beide neoroman-
ische Bauwerke, sowie die neobarocken Bauten der Staatsbibliothek zu Berlin und des
Bodemuseums von Ernst von Ihne.
Während sich im Norden, Osten und Süden des Stadtzentrums ärmliche Arbeit-
erviertel ausdehnten, wurde der Westen Berlins (Charlottenburg, Wilmersdorf) von
keinem anderen als dem „Eisernen Kanzler“ Otto von Bismarck selbst für das Bür-
gertum erschlossen. Er ließ den Kurfürstendamm verbreitern und ihn und seine Neben-
straßen mit attraktiven Stadthäusern bebauen. Diese waren wie die Mietskasernen vier
bis fünf Stockwerke hoch und um einen Innenhof angelegt, aber weiter gingen die
Ähnlichkeiten nicht. Die Innenhöfe waren groß und ließen viel Licht in die geräumigen
Wohnungen mit bis zu zehn Zimmern. Einige davon beherbergen heute bezaubernde
Altberliner Pensionen, wie die Hotel-Pension Funk oder das Hotel Askanischer Hof.
Die High Society zog sogar noch weiter westlich, weit weg vom Gedränge der
Innenstadt. Die Villenkolonien im grünen Grunewald und Dahlem sind eine weitere
Hinterlassenschaft Bismarcks und gehören noch heute zu den vornehmsten Wohngebi-
eten.
PREUSSENS BAUMEISTER: KARL FRIEDRICH
SCHINKEL
Der bedeutendste und vollendetste Architekt des deutschen Klassizismus, Karl
Friedrich Schinkel (1781-1841) studierte Architektur unter Friedrich Gilly und
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