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× Palacio Barolo *** [C5]
Das Paradies liegt an der Avenida
de Mayo 1370. Dort schraubt sich
der Palacio Barolo in den Himmel,
eine in Stahlbeton gegossene Allego-
rie von Dantes „Göttlicher Komödie“.
Wie das Werk des italienischen Dich-
ters ist auch das Bürohochhaus drei-
geteilt in Hölle, Fegefeuer und Para-
dies. Der Bauherr musste 1921 für
sein Vorhaben eine Ausnahmege-
nehmigung einholen: Mit 100 Me-
tern sollte der Wolkenkratzer viermal
höher werden, als es zu jener Zeit er-
laubt war.
Luis Barolo war 1890 aus Italien
eingewandert und hatte in Buenos
Aires durch Baumwollverarbeitung
Geld und Macht erworben. Er war ein
glühender Verehrer Dante Alighieris
und verfolgte - so erzählt man - nur
ein Ziel: Er wollte die Asche des itali-
enischen Dichters vor einem drohen-
den Krieg und dem Untergang Eu-
ropas in die Neue Welt retten. Das
angemessene Gebäude dafür: ein
Hochhaus im Stil einer neogotischen
Kathedrale, die Dantes Reise durch
die jenseitige Welt versinnbildlichen
sollte. Den geeigneten Architekten
für sein Vorhaben lernte Barolo 1910
kennen: Mario Palanti, ebenso von
Dante besessen wie Barolo selbst.
Der Bau begann 1919, vier Jahre
später war das Gebäude fertig und
voller Referenzen auf Dantes „Gött-
liche Komödie“: Die insgesamt 22
Stockwerke sollen an das Versmaß
seiner Strophen erinnern und die 100
Meter Höhe verweisen auf die 100
Gesänge des Werkes. Während Kel-
ler und Erdgeschoss sich auf die Höl-
le beziehen, liegt das Fegefeuer zwi-
schen dem 1. und 14. Stockwerk  -
wer genau hinschaut, entdeckt
besonders im 4. Stock Schlangen,
Bestien und florale Motive. Danach
Tortonis lichte Schwester
Wenn die Warteschlange vorm Tor-
toni Ö zu lang ist, gibt es etwa 10
U-Bahn-Minuten entfernt eine wun-
dervolle Alternative. Ebenso traditi-
onell, ebenso alt und manche mei-
nen: Viel schöner! Das lichte Café
Las Violetas (s. S. 30), gegründet im
Jahr 1884, ist das Gegenstück zum
dunklen Tortoni: Durch hohe Bogen-
fenster flutet Tageslicht in einen Saal
aus warmen gold-beigen Tönen. Auch
hier kann man bleiverglaste bunte
Fenster, dicke Säulen und elegante
Kellner bewundern. Dazu bekommt
man leckeren Kaffee und eine ange-
nehm untouristische Alltagsatmo-
sphäre. Das Violetas ist Treffpunkt für
gutbürgerliches Publikum: Man plau-
dert, liest Zeitung oder arbeitet. Die
Subte A verbindet die historischen
Cafés blitzgeschwind (Station Pie-
dras Richtung San Pedrito bis Cas-
tro Barros).
fés. Zwischen 1926 und 1943 trafen
sich in der Peña del Tortoni einige der
berühmtesten Schöngeister von Bu-
enos Aires: Der Maler Benito Quin-
quela Martín, der Schriftsteller Jorge
Luis Borges, die Dichterin Alfonsina
Storni, der Sänger Carlos Gardel und
viele andere Größen der Zeit waren
Stammgäste.
Heute kann der Besucher sich bei
einem „Submarino“ in längst vergan-
gene Zeiten träumen. Wenn er in das
von jedem Reiseführer empfohlene
Tortoni hineingelangt: denn sind alle
Plätze besetzt, wird die Warteschlan-
ge draußen lang und länger.
µ Avenida de Mayo 825 (Ecke Piedras),
tägl. ab 8 Uhr, Tel. 43424328, www.
cafetortoni.com.ar, Subte A: Piedras,
Subte C: Avenida de Mayo
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