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Das Antlitz der Metropole
Wollte man das quirlige Buenos Aires
mit anderen Metropolen vergleichen,
so könnte man die Eleganz und kul-
turelle Vielfalt von Paris, die Groß-
mannssucht und Armut von Buka-
rest und die Lebendigkeit und Fri-
sche von New York bemühen. Doch
Buenos Aires ist einzigartig. Die Stadt
ist Stein gewordene Sehnsucht, er-
träumt von Millionen europäischer
Einwanderer.
Die Erinnerung im Gepäck bauten
die Immigranten hier ihre alte Hei-
mat neu auf. Noch gleißender und
noch schöner. Die breiteste Allee der
Welt, die Avenida 9 de Julio Ý , ist
den Champs-Élysées nachempfun-
den und das Opernhaus Teatro Co-
lón Û bildet die Mailänder Scala in
Groß nach. Dazu hielt schnell die mo-
dernste Technik Einzug: 1913 wurde
die erste U-Bahn des lateinamerika-
nischen Kontinents in Betrieb genom-
men. Und doch bleibt die schillernde
Magie der „Neuen Welt“ immer ge-
genwärtig. „Gott ist überall“, sagen
die Porteños stolz, „aber Sprechstun-
de hat er in Buenos Aires“.
Dass Buenos Aires so attraktiv ist,
liegt nicht an Äußerlichkeiten. Be-
eindruckende Sehenswürdigkeiten
gibt es nur wenige. Die Gebäude brö-
ckeln vor sich hin und die Bürgerstei-
ge muss man in großzügigem Zick-
zack entlangschlendern - viele Geh-
wegplatten sind kaputt und mitten im
Weg klaffen große Krater. Die Stadt
ist geprägt von Gegensätzen: Sie
ist herzzerreißend arm und unver-
schämt reich, erstaunlich antiquiert
und ebenso modern, grundgut solida-
risch und erbarmungslos nutznieße-
risch. Zu etwas Besonderem wird Bu-
enos Aires durch den ungeheuren Ge-
staltungswillen der Bewohner. Nicht
umsonst wurde sie als erste Metropo-
le der Welt 2005 von der UNESCO als
Designhauptstadt ausgezeichnet. Die
Porteños wirken mit künstlerischem
Gespür und kreativer Energie an allen
Ecken ihrer Stadt, verändern sie und
erfinden sie jeden Tag neu.
Offiziell leben gut 11,5 Millionen
Menschen im Großraum Buenos
Aires. 2,8 Millionen davon im inne-
ren Stadtbereich, der vom rostbrau-
nen Wasser des Río de la Plata, von
der Autobahn Avenida General Paz
und vom Riachuelo, dem Flüsschen,
begrenzt wird. Dieses fest umgrenzte,
200 Quadratkilometer große Stück-
chen Land nennt der Porteño stolz:
La Capital, die Hauptstadt. Sie setzt
sich aus 48 Stadtteilen zusammen.
Jedes barrio („Viertel“) hat seine ei-
gene Geschichte und sein eigenes
Gesicht.
Sieht man Buenos Aires vom Flug-
zeug aus, wirkt die Stadt wie ein
Schachbrett: Sämtliche Straßen zie-
hen sich säuberlich von rechts nach
links und werden ebenso ordentlich
von oben nach unten durchkreuzt.
Sie teilen die Stadt in Hausblocks, die
sogenannten cuadras, die eine Länge
von ungefähr 110 Metern haben.
Zwei Hauptachsen dienen als Ori-
entierungspunkt: Die Avenida Riva-
davia beginnt beim Regierungssitz
Casa Rosada und durchquert die
Stadt von Ost nach West. Die Aveni-
da Leandro Alem kommt vom Nor-
J Vorseite: Patriotisch weht die
argentinische Flagge im Parque Colón
hinter der Casa Rosada Ê
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