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Entdeckungen am Rand des Zentrums
Ù Cementerio
de Chacarita **
Chacarita ist ein bescheidenes und
ruhiges Viertel rund 8 Kilometer vom
Obelisken Ü entfernt am anderen
Ende der Avenida Corrientes. In den
letzten Jahren ist es immer beliebter
geworden und seit Neuestem gibt es
auch in Chacarita schicke Cafés und
Restaurants.
Früher gehörte die Gegend den
Jesuiten, die hier kleine Höfe hat-
ten, die chacaras genannt wur-
den. Nachdem sie 1767 des Lan-
des verwiesen wurden, verbrach-
ten die Studenten der königlichen
Schule ihre Sommerfrische hier. Auf
dem Gelände des Parque Los An-
des befand sich einstmals der alte
Friedhof, der 1867 durch die Chole-
ra überfüllt war. Nur vier Jahre spä-
ter brach die nächste Epidemie aus:
das Gelbfieber. Aus Platznot ent-
stand der Cementerio de Chacarita,
der mit 95 Hektar Fläche heute ei-
ner der größten Friedhöfe der Welt
ist. Sein Eingang befindet sich nur
ein paar Schritte entfernt vom leb-
haften Bahnhof Federico Lacroze mit
seinen fliegenden Händlern und gro-
ßen Pizzerien. Hinter der imposanten
lachsfarbenen Säulenhalle brennt
die Sonne auf breite, stille Alleen und
schmale Gassen, an deren Säumen
sich dicht an dicht die Mausoleen
drängen.
Eingeweiht wurde der Friedhof am
14. April 1871: Der Maurer Manu-
el Rodriguez war der erste, der hier
bestattet wurde. Allein in jenem Jahr
sollten ihm durch die Gelbfieberepi-
demie 15.000 Menschen folgen.
Zeitweilig mussten in Chacarita täg-
lich über 500 Leichen verbrannt wer-
den und wegen mangelnder Hygiene
starben etliche Friedhofsarbeiter.
Mehr als ein Friedhof ist Chacarita
heute ein Nationaldenkmal. Hier sind
die bekanntesten argentinischen
Künstler des 20. Jahrhunderts und
die berühmtesten Sportler begraben
- vom Maler Benito Quinquela Martín
bis zum Jockey Irineo Leguisamo. Das
Grab von Juan Perón aber ist leer. Die
sterblichen Überreste des Präsiden-
ten wurden 2006 in ein eigenes Mau-
soleum nach San Vincente gebracht
- übrigens ohne seine Hände, die
waren dem Leichnam 1987 geraubt
worden, angeblich, so die Verschwö-
rungstheoretiker, weil auf seinem
Fingerring die Nummer eines gehei-
men Kontos in der Schweiz eingra-
viert war.
Das meist besuchte Grab auf dem
Friedhof ist das von Carlos Gardel
(s. S. 111, vom Haupteingang aus:
links bis Galeria 10, dann rechts ein-
biegen). Seine lebensgroße Statue
hält immer eine brennende Zigarette
zwischen den Bronzefingern. Selbst-
verständlich ist es verboten, auf den
Grabmälern herumzuklettern. Den-
noch: Gardel bekommt seine Zigaret-
te und frische Blumen dazu. An sei-
nem Todestag, dem 24. Juni, pilgern
noch immer viele Menschen hierher.
Aber auch an seinem Geburtstag,
dem 11. Dezember, treffen sich die
eingefleischten gardelianos vor sei-
nem Grab und bringen ihm ein Ständ-
chen dar.
F Zu seinem Geburtstag und
zum Todestag bringen Gardelianos
ihrem Idol ein Ständchen dar
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