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lichtet, hätte ich beinahe applaudiert, aber dann greife ich doch zuerst instinktiv zur Kame-
ra: Stefan und diese riesige Zottelkuh mitten auf der Straße. Oder ist es ein Bulle? - Hmm,
es ist wohl ein Bulle, bei den Liebeskugeln bestimmt. Wie angewurzelt stehen die zwei da.
Stefan und der Bison. In drei Sekunden ab Stillstand habe ich die Kamera schussbereit.
„Geh doch noch ein bisschen näher ran!“ Eiskalt schlägt in mir der Reporter durch. Ob
sich das Vieh durch den Blitz wohl irritiert fühlt? Egal! „Noch ein bisschen nach rechts,
Stefan!“
Das Monster bleibt friedlich und trottet nach absolvierter Fotosession ab in die Prärie.
Später werden wir erfahren, wie viele US-Bürger jedes Jahr von Büffeln auf die Hörner
genommen werden. Und dass diese Viecher, wenn sie richtig sauer sind, 35 Sachen laufen
können - amerikanische Sachen, nicht europäische …
Solange man sich diesen Tieren nicht unsittlich nähert, bleiben sie allerdings recht
friedlich.
Die pechschwarzen, unheilvollen Gewitterwolken (am Horizont brechen daraus immer
wieder einzelne Wassertrichter ab) schüchtern uns schließlich so weit ein, dass wir es nicht
wagen, bis Scenic durchzufahren. Beim ersten Bauernhof nach dem Nationalpark Badlands
(13 Meilen vor Scenic) machen wir Halt.
4. Juli, abends. Ganz Amerika feiert. - Ganz Amerika? Nein, nicht ganz. Wir sitzen ein-
sam, von allen Feierlichkeiten verlassen und von Stechmücken umlagert, in einem ausran-
gierten Camper irgendwo am Rande der Badlands.
Zur Feier des Tages öffnen wir die beiden Pepsi, die wir von dem wortkargen Bauern, in
dessen Gefährt wir heute nächtigen, zu je 50 Cents erstanden haben. Wir malen uns aus,
wie es wohl gerade am Times Square in New York zugeht. Und wie viele Verbrüderungen
wir in so einem kleinen, echt amerikanischen Provinznest erlebt hätten.
Immerhin: An den Präsidenten der Vereinigten Staaten haben wir heute eine Glück-
wunschkarte geschrieben, um ihm dazu zu gratulieren, dass er der Präsident von so einem
wunderbaren Land ist. Aber das nützt uns jetzt herzlich wenig. Blitze zucken ringsherum
über den Horizont, finstere Wolkenfetzen ziehen über einen ansonsten sternenklaren Him-
mel, und während im Westen weit hinter den fahlen Schweinwerferlichtern des Mt.-
Rushmore-Monuments die Sonne untergeht, flackern irgendwo am südlichen Horizont ver-
einzelt Feuerwerke auf. „Happy 4 th of July, Amerika!“ Tröööt …
Leider hab ich furchtbaren Hunger und kein Abendessen. Stefan ist das wie immer völlig
Wurscht!
5.
America's most wanted
Steckbrief
13 Meilen feinster Schotter bis nach Scenic. Im Gegensatz zu gestern ist die Strecke weit-
gehend eben, dementsprechend flott sind aber leider auch die Autofahrer unterwegs: Nur
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