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letztlich in die richtige Richtung, aber „Number Four“ wird uns geradewegs in das schöne
Örtchen Petrolia führen …
Noch an der Ortseinfahrt spielen wir mit dem Gedanken, heute einmal im örtlichen Park
zu übernachten, doch der hiesige See ist so verdreckt, dass an Waschen - oder gar an ein
Bad - nicht zu denken ist. Auf der Suche nach Höherem fahren wir zunächst einmal weiter.
Die Stadt stinkt gar nicht so sehr nach faulen Eiern und Öl, wie sie es dem Namen nach
eigentlich müsste: Petrolia ist - so erzählt man uns - die älteste Erdöl fördernde Stadt des
Kontinents. Was heißt des Kontinents - der ganzen Welt! Hier sprudelte der erste ernst zu
nehmende Quell der Autotechnik, der Heizindustrie und der Umweltverschmutzung. Die-
sel, Daimler, Otto und Porsche wären ohne Petrolia wohl Gemüsehändler geworden!
Noch vollkommen berauscht von dieser bahnbrechenden Erkenntnis laufen wir vor dem
Supermarkt geradewegs einem Radfahrer in die Arme. Es ist Drago! - Doch das wissen
wir zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht. Der Mann mit dem spärlichen Haarwuchs ist uns
jedenfalls sofort sympathisch, weil er dieselbe französische Radmarke fährt, auf der wir
daheim über unseren Hausberg, die Sophienalpe, zu reiten pflegen.
Drago ist Kroate und scheint uns spontan adoptieren zu wollen, als er erfährt, dass wir
aus Austria kommen. Seine Frau ist gebürtige Steirerin, und wir müssen unbedingt ein paar
Tage bleiben und seinen selbst gemachten Wein kosten und Flori (seine Frau) kennen ler-
nen und ihr Kletzenbrot probieren und seine kroatischen Freunde besuchen. Bei dieser Rei-
henfolge bleibt es dann letztlich auch.
Als Flori endlich spät am Abend von der Arbeit kommt, ist es schon fast so etwas wie
ein Wiedersehen, so viel hat Drago ihr am Telefon von uns erzählt.
Flori schließt uns sofort ins Herz. Entsprechend froh ist sie auch, dass uns Drago in ihrer
Abwesenheit schon so gut bewirtet hat: Drago makes very good (guat) wine! ( Flori speaks
liabes Inglisch! )
Drago und Flori sind zwei alte Romantiker. Er war 24, sie 17, als Drago in einem ös-
terreichischen Auffanglager interniert wurde und sie sich kennen lernten. Die weitere Ge-
schichte hört sich an wie aus einem Herzerlroman: Drago wandert nach Kanada aus, Floris
Eltern verbieten ihr mitzugehen. Mit 18 brennt sie kurzerhand durch. - Als sie uns jetzt da-
von erzählt, muss sie verschmitzt lächeln. Flori erinnert in ihrer Art noch sehr an das junge
Mädchen, das sie uns auf den alten Fotos zeigt.
Die allgemeine Begeisterung macht müde. Am Ende schubst uns eine kühle, sternenklare
Nacht rücklings in zwei butterweiche Betten, denen wir bestimmt nicht vor morgen 10 Uhr
entsteigen werden.
15.
Home, sweet home.
Amerikanisches Teppichmuster
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