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Die Route Napoléon
Viele Straßen in Frankreich und auch in
ganz Europa könnten den Namen Route
Napoléon tragen, doch naturgemäß be-
kommt diejenige ihn zugeschrieben, die
mit Napoléons spektakulärster Aktion zu-
sammenhängt. In den Kriegen ab 1813 hat-
ten sich die europäischen Völker von der
Napoleonischen Herrschaft befreit. Die
Verbündeten zwangen den Kaiser der Fran-
zosen am 6. April 1814 zur Abdankung und
wiesen ihm als Souverän mit Kaisertitel die
Insel Elba als Wohnsitz zu.
Der ehrgeizige Emporkömmling dachte
jedoch nicht daran, den Rest seines Lebens
auf der Insel zu verbringen und schon gar
nicht, auf die Kaiserwürde zu verzichten. Es
gelang ihm mit 1200 Mann, den französi-
schen und englischen Flotten, die Elba be-
wachten, zu entkommen. Er landete am
1. März 1815 in Golfe-Juan bei Cannes.
Entschlossen, militärische Aktionen mög-
lichst zu vermeiden, schlug er den be-
schwerlichen Weg nach Paris durch die
Alpen ein, um die Provence zu umgehen,
wo viele den Royalisten anhingen - diese
Route sollte später für immer seinen Na-
men tragen.
Am 2. März 1815 machte der Zug Rast in
den Dünen von Cannes und auf dem Pla-
teau de Roquevignon bei Grasse, wo der
Kaiser mit den begeisterten Rufen „Vive
l'Empéreur!“ von den Menschen gefeiert
wurde. Nachdem er die Nacht im Schloss
des Marquis de Gourdon, des Bürgermeis-
ters von Grasse, verbracht hatte, setzte sich
der Zug am 3. März wieder in Bewegung
und erreichte gegen Mittag Castellane, in
dessen Unterpräfektur der Kaiser speiste.
In Barrême gewährte ihm der Richter
Tartanson ein Nachtlager. Am Mittag des
folgenden Tages schon machte der Zug
Halt in Digne, wo Napoléon im Hôtel du
Petit Palais einkehrte. Nun begannen lange
Stunden des Bangens, denn Sisteron, die
nächste Station, war auf dem Weg nach
Norden die letzte Bastion der royalistischen
Provence.
Um drei Uhr nachts endlich erreichte ein
Bote den Kaiser mit der Nachricht, dass Sis-
teron nicht bewacht und die Zitadelle so-
gar ohne Munition sei. Der Graf von Lover-
ode, Départements-Verwalter im Namen
Ludwigs XVIII., jedoch heimlicher Napolé-
on-Anhänger, hatte dies befohlen und so
konnte der Kaiser am frühen Nachmittag
des 5. März aufatmend in Sisteron einzie-
hen. „Ich bin in Paris“, soll er gesagt haben,
weil er sicher sein konnte, dass die dahinter
liegende Provinz Dauphiné auf seiner Seite
war. Dennoch gönnte er sich kaum eine
Pause und traf noch am Abend in Gap ein.
Am Mittag des 7. März empfing den Kai-
ser eine begeisterte Menschenmenge und
es gesellten sich ihm viele Freiwillige hinzu.
Das Unglaubliche geschah jedoch erst kurz
darauf, als in Laffrey die royalistischen Trup-
pen zu ihm überliefen. Gegen 23 Uhr zog
er schließlich im Triumphzug in Grenoble
ein und soll später gesagt haben: „Jusqu'à
Grenoble j'étais aventurier; à Grenoble
j'étais Prince!“ - „Bis Grenoble war ich
Abenteurer; in Grenoble war ich Prinz!“
In nur sieben Tagen hat Napoléon mit
seinem gewaltigen Zug 330 Kilometer
zurückgelegt; am Abend des 20. März er-
reichte er schließlich mit einer Armee, die
auf 20.000 Mann angewachsen war, die
Tuilerien in Paris. Seine Herrschaft blieb je-
doch nichts als ein Intermezzo, sie währte
nur die berühmten hundert Tage - denn
mit der Schlacht von Waterloo war der
Traum vorbei. Großbritannien internierte
Napoléon auf der Insel Helena, wo er am
5. Mai 1821 an Magenkrebs starb. 1840
wurde sein Leichnam in den Pariser Invali-
dendom überführt.
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